Prozess: Der kleine Nikita könnte noch leben

Gericht verurteilt den Todesfahrer.

Mönchengladbach. Fast auf den Tag genau vor elf Monaten starb der kleine Nikita (5) aus Eicken auf der Engelblecker Straße (Neuwerk). Er war mit seinem Fahrrädchen unter einen Zwölf-Tonnen-Post-Laster gekommen und von diesem überrollt worden. Der 43-jährige Duisburger, der den Lkw gesteuert hatte, ist jetzt vom Mönchengladbacher Schöffengericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Außerdem muss er mindestens zwei Jahre auf seinen Führerschein verzichten.

Erst nach dieser Frist kann er die Fahrerlaubnis wieder beantragen. Welche Auflagen es dann noch gibt, entscheidet die Straßenverkehrsbehörde. Die Verteidigung hat bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt, denn der Angeklagte hatte noch in seinem Schlusswort beteuert, dass er den Jungen nicht gesehen habe. Demnach sei ihm keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen, hatte die Verteidigung argumentiert.

Das sah nicht nur die Staatsanwaltschaft anders. Auch das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre. „Bei Schrittgeschwindigkeit wäre es nicht zu dem Unfall gekommen“, hatte ein Sachverständiger erklärt. Tatsächlich hat er als Geschwindigkeit etwas um die 15 Stundenkilometer rekonstruiert, der Lkw-Fahrer selbst hatte geschätzt, er wäre noch etwa 20 Stundenkilometer schnell gewesen.

Der Auslieferungsfahrer wollte von der Engelblecker Straße aus nach rechts in die Borsigstraße abbiegen. Der kleine Nikita radelte auf dem Gehweg, er war mit Verwandten unterwegs. Seine Tante (34) und seine Cousine (10) hatten die Borsigstraße schon passiert. Seine Schwester (14) soll noch gerufen habe: „Warte“, aber der Junge sei weitergeradelt.

Zwei Autofahrerinnen hatten das Unglück beobachtet. Die eine hatte verzweifelt gehupt, weil sie die Katastrophe kommen sah. Nach der Aussage der zweiten Frau hatte der Junge — vergeblich — versucht, noch an dem Laster vorbeizukommen. Der Fahrer will zwar „zwei oder drei“ Radfahrer wahrgenommen haben und deshalb besonders vorsichtig gefahren sein, aber den kleinen Jungen habe er nicht gesehen.

Fahrlässige Tötung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe belegt. Der Auslieferungsfahrer der Post hatte bereits einige Verkehrsdelikte auf seinem Konto, deshalb wurde vor einem Schöffengericht und nicht vor einem einzelnen Strafrichter am Amtsgericht verhandelt.

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