Rheydt: Altes Finanzamt ist eine Bruchbude

Rheydt: Die Stadt kann das alte Behördenhaus an der Wilhelm-Strauß-Straße nicht mehr als Bürogebäude nutzen. Es weist erhebliche bauliche Mängel auf.

Mönchengladbach. Allein schon der Gedanke daran lässt Gänsehaut sprießen: Zahlreiche Mitarbeiter des alten Finanzamtes Wilhelm-Strauß-Straße 50-52 waren bei der Bearbeitung u.a. von Steuererklärungen ständigen Gefahren ausgesetzt. Sie arbeiteten jahrelang, genau genommen, in einer Bruchbude. Experten haben nämlich gravierende Statik-Probleme festgestellt, neben "erheblichen Bedenken" beim Brandschutz.

Das Gebäude gehört mittlerweile der Stadt. Doch die kann es wegen der Statik-Schäden nicht als Bürohaus nutzen. Nun streiten sich Stadt und der landeseigene Betrieb Bauen und Liegenschaften (BLB) über Schadenersatz.

Die Finanzamtsleute haben ihren Risiko-Arbeitsplatz längst verlassen und sind seit Anfang 2009 im neuen Finanzamt im Nordpark aktiv - fernab von den Steuern zahlenden Bürgerinnen und Bürgern.

Damit das Millionenprojekt Nordpark-Finanzamt laufen konnte, vereinbarten damals BLB und die Stadtentwicklungsgesellschaft EWMG unter ihrem umstrittenen Geschäftsführer Manfred Nieland (CDU) diesen Deal: Der BLB, für das Neubauprojekt zuständig, erhält im Nordpark ein rund 8000 Quadratmeter großes stadteigenes Grundstück für den Bau des Amtes mit der weißen Fassade. Im Gegenzug bekommt die Stadttochter EWMG das Finanzamt in Rheydt. Außerdem zahlte sie für das Geschäft ein "paar 100000 Euro" drauf. Eine Summe von einer Million Euro sei es wohl nicht gewesen, hieß es damals auf Anfrage der WZ.

Das Rheydter Gebäude mit einer fast 1900 Quadratmeter großen Hauptnutzfläche sowie 44 Parkplätzen steht leer. Und das wohl noch länger. Denn Kommune und BLB streiten sich über die Konsequenzen aus dem für die Stadt faulen Geschäft. Nach WZ-Informationen haben sowohl von der Stadt als auch vom BLB beauftragte Statiker unabhängig voneinander die Schäden festgestellt. Auf Fragen unserer Zeitung äußern sich die Beteiligten nicht. Schließlich handele es sich um ein schwebendes Verfahren.

Stadtintern heißt es, dass eine Sanierung nicht infrage komme, weil zu teuer. Bliebe ein Abriss oder der BLB nähme das City nahe Haus zurück. Und zahlte Bares für die 8000 Quadratmeter im Nordpark.

Preiswerte Büroflächen sind bei der Stadt Mangelware. Beim von OB Norbert Bude (SPD) immer noch nicht vorgelegten Konzept "Raumbedarf Stadtverwaltung" mit ihren mehr als 3000 Mitarbeitern spielte das alte Finanzamt Rheydt eine tragende Rolle, wären da nicht die großen Statik-Sorgen. Übrigens: Auch in Stadtmitte steht ein leergeräumtes Finanzamt. Der Hamburger Projektentwickler ECE kaufte es, um es für seine gigantische Einkaufsgalerie Hindenburgstraße abzureißen. Aus den Plänen wurde nichts. ECE kann das Amtsgebäude an den BLB zurückgeben. Eine solche Option steht im Kaufvertrag.

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