Aufsteiger: Löw sieht frechen Marin und agilen Neuville

Der Bundestrainer macht sich Notizen für seine EM-Mannschaft. Als die Erste-Liga-Party im Borussia-Park beginnt, ist er schon wieder auf dem Heimweg.

Mönchengladbach. Schicke Designerbrille, elegante Klamotten, die pechschwarzen Haare fein drapiert - Joachim Löw sieht aus, als mache er für das Modejournal "Vogue" Reklame. Von seinem Logen-Platz in unmittelbarer Nähe der Präsidenten-Suite im Borussia-Park hat er einen formidablen Überblick.

Der Bundestrainer ist zum ersten Mal in dieser Saison im Stadion. Und das hat einen guten Grund. Denn unten auf dem Spielfeld spielt der Kapitän von Borussia Mönchengladbach: EM-Kandidat Oliver Neuville.

Als die Partie gegen den SVWehen beginnt, ist der 35-jährige erstklassige Vollblutstürmer noch Zweitliga-Fußballer, 90 Minuten später ist Olli obenauf. Das 3:0 gegen die Hessen beseitigt alle Zweifel: Der Wiederaufstieg ist perfekt.

Obwohl Neuville diesmal leer ausgeht, heimst er bei seiner Auswechslung fünf Minuten vor dem Abpfiff den verdienten Applaus der glückseligen Borussen-Anhänger ein.

Diese Szene nimmt Joachim Löw noch mit, dann verschwindet der smarte Bundestrainer auch schon wieder. Als die Party auf dem Rasen beginnt, ist er bereits auf der Autobahn. Mit wichtigen Erkenntnissen, sollte man annehmen.

Seit Wochen sind Löw und seine Mitstreiter Hansi Flick, Andy Köpke sowie Urs Siegenthaler vom DFB-Trainerstab auf Achse und beobachten mit Argusaugen die Kandidaten für das Unternehmen EM in Österreich und der Schweiz.

Dorthin werden in Kürze Profis entsandt, die das Zeug haben, sich in einem Turnier zu behaupten und drei Wochen lang Fußball auf höchstem Niveau zu zeigen.

Die Kriterien sind nicht von Pappe. Neben der rein spielerischen Komponente, dem kämpferischen Potenzial und dem gruppen-dynamischen Faktor legen Löw und Co. ihr Augenmerk auch auf die charakterlichen Fähigkeiten und mentale Stärke der einzelnen Spieler.

Attribute, die der WM-erprobte Oliver Neuville erfüllt und die Joachim Löw an dem Kapitän des frisch gebackenen Erstligisten schätzt. "Auf Oliver Neuville ist stets Verlass", betont Joachim Löw immer wieder gerne. Wie am Mittwochabend gegen Wehen.

Zwar gelang dem Gladbacher kein Tor, aber er leistete super Arbeit fürs Team. "Es ist eine Augenweide zu sehen, wie er die Lücken sucht, um steil geschickt werden zu können", lobt ihn Cheftrainer Jos Luhukay in höchsten Tönen.

In den kommenden Tagen werden Löw und seine Crew die letzten Spiele der Saison sehen, Ergebnisse auswerten und Erkenntnisse gewinnen, um dann am nächsten Freitag in der Panorama-Lounge gleich unterhalb des Gipfelkreuzes der Zugspitze das EM-Aufgebot bekanntzugeben.

Ob Oliver Neuville dabei ist? Wie wird Joachim Löw entscheiden, dessen erster Besuch im Borussia-Park in dieser Saison sich auf jeden Fall gelohnt haben dürfte. Denn neben dem Kandidaten Neuville (35) hat er den frechen Kadetten Marko Marin (19) spielen sehen. Wie wird er dessen Leistung beurteilen?

Marko Marin - ein Mann für die EM? Mit 19? Als Lothar Matthäus, der am Mittwochabend auch im Gladbacher Stadion war, 1980 für die Europameisterschaft in Italien nominiert wurde, war er auch gerade 19 - aber schon ein wilder Heißsporn.

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