Stadtrat wählt Dezernent Wurff ab

51 von 67 anwesenden Ratsmitgliedern stimmten gegen den Dezernenten. Der attackierte seine Gegner verbal.

Am 3. März 2010 wurde Andreas Wurff mit 100 Prozent der Stimmen zum neuen Baudezernenten gewählt. Und zwar für acht Jahre. Nach der Hälfte seiner Amtszeit stimmten nur noch 23,9 Prozent der anwesenden Ratsmitglieder dafür, dass Wurff wie geplant Baudezernent bleiben soll. Mehr als drei Viertel des Rates hielten ihn nicht mehr für tragbar. Auch die geheime Abstimmung, die Grüne, Linke, Piraten, „Die Partei“, die AfD und die FWG gemeinsam erwirkten, änderte an dieser erdrückenden Mehrheit nichts mehr.

Am Ende fehlten CDU, SPD und FDP, die vorab öffentlich erklärt hatten, Wurff abwählen zu wollen, eine einzige Stimme ihrer 52 Ratsmitglieder. Nummer 53 wäre Henning Haupts gewesen, der wegen Krankheit fehlte. 46 hätten zur Abwahl gereicht. Wurff selbst sieht den Grund für diesen beispiellosen Vertrauensverlust offenbar allein in machtpolitischen Erwägungen. In einer persönlichen Erklärung nach der Abstimmung, die ihm Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners zugestand, sagte Wurff, er sei mit seinem Team erfolgreich gewesen und habe für Transparenz und Integrität gestanden. „Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich und damit meine Gedanken abgewählt worden sind. Ich wünsche diesem Hause weisere Entscheidungen.“ Eine Debatte über den von CDU und SPD gemeinsam gestellten Antrag hatte es nicht gegeben. So nannten weder die Vertreter der Großen Koalition ihre Argumente für die Abwahl, noch verteidigten ihn die wenigen verbliebenen Befürworter. Die Kritik an Wurff war seit langem gleichbleibend laut und aus unterschiedlichen Richtungen vorgetragen worden. Große Investoren, kleine Bauherren, Mitarbeiter des Dezernats und städtischer Töchter sowie Politiker von Parteien unterschiedlicher Couleur klagten über die unstrukturierte und wenig verlässliche Arbeitsweise.

Dem parteilosen Wurff blieben am Ende im Wesentlichen die Grünen, die ihn einst ausgewählt hatten, und die Linken als Unterstützer. Sie organisierten gestern eine kleine Demonstration gegen Wurffs Abwahl vor dem Rathaus in Rheydt und zogen mit Plakaten auf die Zuschauertribüne. Ein Teil der Unterstützer setzte dabei auf Humor. So wurden Filmplakate pro Wurff umgestaltet und ein Spielzeug-Hubschrauber mit einem Mini-Banner steigen gelassen.

Wurff ist durch den Ratsbeschluss mit sofortiger Wirkung abgewählt. Er arbeitet schon heute nicht mehr als Baudezernent. Seine Bezüge bekommt er dennoch weiter: drei Monate lang voll und bis 2018 zu rund 72 Prozent. Wer ihm nachfolgt, steht noch nicht fest. Den Text der Ausschreibung verabschiedete der Rat schon gestern mit breiter Mehrheit. Mehrjährige Berufserfahrung im öffentlichen Dienst und Führungserfahrung muss der oder die Neue mitbringen. Ein ausgewiesener Baufachmann muss er nicht zwingend sein. Das wäre der FDP anders lieber gewesen. „Aber auch wenn es nicht ausdrücklich erwähnt ist, kann der Rat ja einen Bewerber mit baufachlicher Expertise wählen“, sagte Nicole Finger, die Fraktionsvorsitzende der Liberalen. Wie schnell Wurffs Nachfolger anfangen kann, ist noch unklar.

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