Stress mit Tonnen-Dieben

Über tausend graue Müllbehälter sind in diesem Jahr bereits gestohlen worden. Viele Täter sind wohl hinter den Plaketten her.

Mönchengladbach. Der Müll ist weg. Aber nicht nur der Müll, gleich die ganze Tonne. Ein Blick die Straße hinauf. Ein Blick hinunter. Nathalie Schröder* kann es nicht glauben. Der WZ-Leserin ist zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren der graue Abfallbehälter gestohlen worden. "Es ist ja nicht nur das Geld für die neue Tonne, das ich jetzt schon wieder ausgeben muss. Ich muss mir schon wieder die gelbe Müllplakette besorgen. So lange, bis ich die habe, weiß ich nicht, wohin mit dem Müll. Im Moment muss ich mir mit einem Sack auf dem Balkon helfen."

Nathalie Schröder ist mit ihrem Problem nicht alleine. In diesem Jahr haben bereits 1078 Mönchengladbacher bei der Stadt ihre graue Tonne als gestohlen gemeldet und eine Ersatz-Müll-Plakette beantragt. Nur Mülltonnen mit diesem gelben Sechseck werden geleert. Der Aufkleber markiert: Für diesen Behälter wird Müllgebühr gezahlt. Und genau hinter diesen Aufklebern sind die meisten Diebe her, davon geht Arndt Tulke vom städtischen Fachbereich Umweltschutz und Entsorgung aus. Im Gegensatz zum Wert einer Tonne (je nach Ausführung aus Metall oder Plastik, sind das rund 35 bis 50 Euro) liegen die Gebühren beispielsweise für die häufigste Tonnengröße bei rund 235 Euro. Dass gerade das Ergattern eines Kleincontainers mit Aufkleber die Täter reizt, lässt sich allein an der wellenartigen Entwicklung der Zahlen erkennen. Die Müllplakette gilt für jeweils zwei Jahre. Zum Beginn der "Saison" sind die Fälle verschwundener Tonnen deutlich höher als zum Ende hin. Im Schnitt liegen sie pro Jahr bei 600 Tonnen. Ob die Zahlen für das jetzt laufende Jahr besonders hoch sind, lässt sich erst Ende 2008 sagen.

Nathalie Schröder ist einfach nur genervt. Sie sagt, sie hätte gerne eine Tonne mit Daten-Chip, wie es sie beispielsweise in Viersen gibt. Da ist für jedes einzelne Gefäß zu ermitteln, zu welchem Haus es "gehört". "Warum wird das hier nicht auch einfach gemacht?", fragt sie sich.

Für die Stadt ist das ein Rechenexempel. Sie hat Nutzen und Aufwand des Viersener Modells bereits ausgewertet, bei dem die "schlauen Tonnen" der Stadt gehören und von den Bürgern gemietet werden. Und ist zu dem Ergebnis gekommen: Die Diebstähle würden wohl sinken. Aber die Müllgebühren müssten angehoben werden. 1078 Diebstähle bis Mitte November des laufenden Jahres, das ist etwa ein Prozent aller grauen Tonnen in der Stadt (rund 106 600). Ein Prozent bestohlener Tonnen-Inhaber gegen 100 Prozent Bürger mit erhöhten Müllgebühren halten die Experten gegeneinander.

Übrigens geht die Stadt davon aus, dass nicht alle, die ihre Eimer als gestohlen gemeldet haben, auch tatsächlich Opfer krimineller Machenschaften wurden. Immer wieder finden Kontrolleure der Stadtverwaltung heraus, dass die angeblichen Opfer selbst betrügerisch unterwegs sind. Sie melden ihren alten Mülleimer als gestohlen, bitten um eine neue Plakette und stellen gleich zwei "Graue" vor die Tür. Mit Stichproben versucht die Stadt Betrügern auf die Spur zu kommen. "Wir können in unseren Computern sehen, wenn wiederholt bestellt wird", sagt Arnd Tulke. Und immer wieder melden sich auch Nachbarn und geben Hinweise auf "geheimnisvolle Tonnen-Vermehrung".

*Name von der Redaktion geändert.

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