Traumatherapie: Wenn das Kind sehr krank ist

Einmal im Monat sprechen betroffene Eltern in der Gruppe über ihr Schicksal.

Mönchengladbach. „Es tut so weh, als ob mir bei lebendigem Leib die Haut abgezogen würde“, sagt Tarah Sayed. Dabei hat sie gelernt zu akzeptieren, dass ihre Tochter krank ist. Ada kam zu früh auf die Welt. Nur wenige Tage nach ihrer Geburt erfuhren die Eltern, dass ihr Kind unter Hirnblutungen litt: „Ich konnte nicht mehr klar denken“, erinnert sich Tarah Sayed. Ada ist mittlerweile zwei Jahre alt und wurde insgesamt 13 Mal operiert.

Vor einem Jahr erlitt das kleine Mädchen einen Atemstillstand und musste als Notfall in die Klinik nach Bonn. Dort die nächste schreckliche Diagnose: Ada hat Epilepsie. Ihr Kind hat Tarah Sayed nie aufgegeben, aber zeitweise sich selber: „Ich habe gedacht, jetzt ist es vorbei“, erzählt die junge Mutter. Gedanken und Gefühle, mit denen sie lange „ganz alleine“ gewesen sei. Seit Kurzem trifft sie sich in einer Gesprächsgruppe mit anderen Betroffenen, um über ihren Schmerz zu reden.

Die Hilfe für traumatisierte Mütter ist ein Angebot des Frühförderzentrums Rheydt, einer Kooperation von Caritas und Zentrum für Körperbehinderte, und „bisher einzigartig in Mönchengladbach“, sagt Christof Wellens. Der Vorsitzende des Caritasverbands hat Spenden gesammelt, um das monatliche Treffen unter der Leitung von Petra Kurt möglich zu machen.

Die Intensiv-Krankenschwester am Elisabeth-Krankenhaus weiß aus der Praxis wie traumatisch die Geburt sein kann, wenn nicht alles nach Plan läuft. Viele Eltern litten unter Schuldgefühlen, manchmal bleibe ihnen nur eine kurze Zeit mit ihrem kranken Kind. Im Gespräch lernen sie ihre Gefühle zu verarbeiten: „Ziel unseres Angebots sind die Mütter, denn die werden oft vergessen“, sagt Safe-Mentorin Petra Kurt.

„Die Probleme bleiben, aber wir können uns gegenseitig helfen und manchmal darüber lachen“, sagt Tarah Sayed. Sogar eine neue Schwangerschaft traue sie sich wieder zu. Auch Sevda Kahrim fühlt sich besser, seit sie ihre Last teilen kann: „Die Angst ist nicht mehr ganz so groß. Ich habe jetzt keine Albträume mehr“, erzählt die junge Mutter mit Tränen in den Augen. Im Traum sah sie Schläuche, Sauerstoffmasken und Monitore — medizinische Geräte, auf die ihr Sohn angewiesen ist.

Yusuf kam in der 24. Schwangerschaftswoche. Schon nach wenigen Tagen erreichte die Eltern die Hiobsbotschaft: Ihr Sohn hat eine Stimmbandlähmung. Das Zimmer des mittlerweile Zweieinhalbjährigen gleicht einer Intensivstation, erzählt Sevda Kahrim. Sie muss immer auf den Notfall gefasst sein. Wenn ihr Sohn eine harmlose Erkältung hat, schwillt sein Kehlkopf an und er kann ersticken. Sevda Kahrim hat durch die Gruppe gelernt, sich selber in dieser permanenten Ausnahmesituation nicht zu vergessen: „Yusuf brauchte mich, aber ich brauche mich auch selber“, sagt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort