Umzug des Kriseninterventionszentrum: Wickrather in Krisenstimmung

Der geplante Umzug des Kriz nach Wickrath sorgt im Stadtteil für lautstarken Protest.

Mönchengladbach. Ganz Wickrath schien auf den Beinen zu sein. Alle Parkplätze rund um die Adolph-Kempken-Halle waren besetzt. Im Saal standen die Besucher aller Altersgruppen dicht gedrängt entlang der Wände und im Gang. Etwa 400 Menschen passen hier rein — aber es waren weit mehr als 500, die kamen.

„Bitte halten Sie die Notausgänge frei“, forderte Sina Vogt die Nachkommenden immer wieder auf. Sie war Moderatorin der Informationsveranstaltung, zu der „Schloss Dilborn — die Jugendhilfe“ als Betreiber des Kriseninterventionszentrum (Kriz) die Bürger eingeladen hatte. Der geplante Umzug der geschlossenen Einrichtung für verhaltensauffällige Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren von der Kyffhäuserstraße zur Trompeterallee brachte die Emotionen an diesem Abend zum Brodeln.

Die Stimmung im Saal war hochexplosiv. Plakate und Transparente, die in der Zuschauermenge hochgehalten wurden, sprachen eine deutliche Sprache der Ablehnung gegen die Pläne: „99,9 Prozent der Wickrather wollen kein Kriz“ und „Wickrath ist der Mülleimer von Gladbach“, so einige wütende Zwischenrufe, die langanhaltende Beifallsstürme auslösten. Es wurde gepfiffen, gebrüllt und gebuht als Rüdiger Schmitz vom gleichnamigen Ingenieurbüro den geplanten Neubau vorzustellen versuchte. Die Integration in den städtischen Raum mit Anbindung an Schulen, Ärzte und Nahverkehr sei ein wichtiger Aspekt des pädagogischen Konzepts, erklärte der Planer die Standortwahl.

„Es wird schwer sein, Ihre Ängste aufzufangen“, setzte Hans-Jürgen Kersting an. Der Leiter des Kriz in Mönchengladbach versuchte die Diskussion zu versachlichen: „Bei uns sind keine kriminellen Jugendlichen unter Hochsicherheitsbedingungen untergebracht“. Das Kriz werde vom Jugendamt, nicht von der Justiz belegt: „Ich würde auch lieber in einer Gesellschaft leben, in der eine solche Einrichtung nicht notwendig ist“, sagte der Kersting.

Die jungen Menschen — darunter auch Kinder von Polizisten, Lehrern und Politikern — seien Teil dieser Gesellschaft. Sie befänden sich in einer schweren Lebenskrise, viele seien jahrelang nicht zur Schule gegangen. Durch die Einschränkung ihrer Freizügigkeit müssten sie sich erstmals ihren Problemen stellen — mit einer hohen Erfolgsquote.

„Die verkloppen uns“, schrie ein junger Mann seine Ängste heraus: „Die meisten haben viel zu verlieren und sind daher sogar weniger anfällig für Straftaten“, setzte Kersting dagegen. Die Fakten dazu lieferte der Leiter des zuständigen Bezirksdienst der Polizei, der in seiner Statistik kaum noch polizeiliche Einsätze am derzeitige Standort Kyffhäuserstraße zu verzeichnen hat.

Bezirksvorsteher Arno Oellers machte den Betreiber des Kriz dafür verantwortlich, dass die Öffentlichkeit lange nichts von dem Vorhaben wusste: „Wir sind viel zu spät informiert worden“, so der CDU-Politiker. Guido Royé, Leiter von „Schloss Dilborn“ setzte dagegen. Erst mit dem Jugendamt als Fachbehörde zu sprechen gehöre zur üblichen Vorgehensweise und: „Die Entscheidung fällt nicht heute. Wir haben noch keinen Bauantrag gestellt“.

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