Vettel testet Studenten-Flitzer

Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel traf Studenten der Hochschule Niederrhein, die im Racing-Team einen Rennwagen bauen.

Die Formel 1, sagt der schmächtige Mann auf dem Podium, „ist ein Schlaraffenland“. Damit meint er gar nicht so sehr seine eigene Profession: Der Redner ist niemand Geringeres als der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Nein, er spricht von den Ingenieuren und Konstrukteuren, für die es im Rennzirkus viele spannende und gut bezahlte Jobs gibt. „Ich finde es absolut interessant, wenn man schon während des Studiums die Weichen dafür stellen kann“, sagt der selbst erst 27-jährige Heppenheimer, und die fünf Studenten der Hochschule Niederrhein am anderen Ende des Saales horchen auf.

Sebastian Vettel lobt den von Studenten gebauten Wagen

Vettel ist an diesem Morgen zu Gast in der Zentrale der Santander-Bank; er ist frisch zu Ferrari gewechselt, zu dessen Sponsoren zählt die Bank. Deswegen hat er rote Sachen an, eine rote Mütze auf und sagt die Sachen, die man eben so sagt auf Pressekonferenzen. Sympathisch und freundlich kommt er dabei rüber, und die zahlreichen Bank-Mitarbeiter, die sich über mehrere Etagen an die Balustraden rund ums Atrium gezwängt haben, klatschen, insofern die Hände nicht in großen, roten, wink-optimierten Schaumstoff-Handschuhen stecken.

Nur ein einziger arbeitet unbeirrt weiter, ein weiterer tut so, als ob. An eine Fensterscheibe hat jemand mit Saugnäpfen eine Mini-Kamera gepfropft, die das Podium — an dem auch Vorstandsvorsitzender Ulrich Leuschner und Banksprecherin Anke Wolff sitzen — von oben filmt. Die Mitarbeiter sollen hinterher einen Zusammenschnitt der nicht alltäglichen Pressekonferenz mitten im laufenden Bankbetrieb erhalten.

Nicht alltäglich ist die Begegnung mit einer lebenden Formel-1-Legende auch für die fünf Studenten vom „Formula Student Racing Team“. Im September 2011 wurde das interdisziplinäre, knapp 55-köpfige Team, angedockt an den Krefelder Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik, gegründet, seit 2012 nimmt es regelmäßig an Rennen des Konstruktionswettbewerbs „Formula Student“ teil. 2014 gab es den ersten Sieg. „In den ersten drei Jahren haben wir mit der Entwicklung des Fahrzeugs jeweils wieder bei Null angefangen“, sagt Teamleiter Florian Büchner. „Dieses Mal entwickeln wir das Modell des Vorjahrs weiter.“ Und dabei, so lautet die Hoffnung, kann Vettel noch ein bisschen Input geben.

Er kann. „Welche Messwerte sind für dich bei Testfahrten die wichtigsten?“, will Marco Limbach, Technischer Leiter des Hochschul-Rennteams, wissen. „Mein Po“, sagt Vettel, der in den Wagen klettert, und erntet Gelächter. „Man muss als Fahrer weitergeben, was man spürt.“

Und vom Prinzip her seien der Studenten-Wagen und ein Formel-1-Bolide identisch, der Unterschied liege in erster Linie bei den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln. „Der Wagen ist schön spartanisch, es gibt wenig Knöpfe, so wie es mir gefällt“, urteilt Vettel. Dennis Heuken, Baugruppenleiter Rahmen und Struktur, fragt, ob Vettel das Team während der Rennsaison nicht vielleicht mit seiner Präsenz beehren möchte. Der Heppenheimer, der zuvor den Studenten-Boliden mit der Nummer 49 („Die Hausnummer der Hochschule Niederrhein“, erläutert Limbach) signiert hat, antwortet ehrlich: „Ich möchte da nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Man ist als Pilot zeitlich einfach zu sehr eingespannt.“

Außer, man begegnet gerade seinem großen Idol: Cedric Germes, der Fahrer des Hochschul-Boliden, lässt es sich nicht nehmen, mittels einer „Selfie-Stange“ ein Selbstporträt mit Sebastian Vettel in „seinem“ Cockpit zu schießen.

Am Ende hat die Santander-Bank dann für einen der Studenten — für wen konkret, muss noch entschieden werden — noch eine faustdicke Überraschung parat: Sie hat ein Praktikum bei der Scuderia Ferrari organisiert. „Wir versuchen bereits, unseren Studenten mit dem Racing-Team etwas Besonderes zu bieten“, sagte der zuständige Professor Dr. Michael Heber. „Aber mit Ferrari können wir natürlich nicht ganz mithalten.“

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