Dienstboten im Dachgeschoss

In diesem Jahr wird das Ständehaus 125 Jahre alt. Am 6. Dezember 1886 tagte in dem roten Backsteinbau der erste Kreistag.

Rhein-Kreis Neuss. Als historischer sowie architektonischer Blickfang liegt am Anfang der Lindenstraße in Grevenbroich ein Gebäude der Kreisverwaltung, das bis heute „Ständehaus“ genannt wird. In diesem Jahr blickt das Ständehaus auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Am 6. Dezember 1886 tagte erstmals der Kreistag in dem roten Backsteinbau.

In seinen heutigen Grenzen besteht der Rhein-Kreis Neuss seit 1975. Seine Ursprünge gehen jedoch auf das frühe 19. Jahrhundert zurück. Als die königlich preußische Regierung zu Düsseldorf am 24. April 1816 die Einteilung ihrer Bezirke in Landkreise verkündete, bestimmte sie Grevenbroich zum Kreissitz und den Freiherrn Paul Joseph von Pröpper zum ersten Landrat. Um eine geeignete räumliche Unterbringung kümmerte sie sich aber nicht.

Nach anfangs häufigen Umzügen in Grevenbroich und vor allem Wevelinghoven fanden schließlich Landrat Karl Friedrich von Oertzen, der seit 1880 an der Spitze des Kreises stand, und die damals noch kleine Verwaltung des Landkreises Grevenbroich in dem zwischen 1884 und 1886 errichteten Ständehaus eine bleibende Unterkunft. Den Bau des „Landrathurgebäudes“ hatte der Kreistag im Februar 1883 auf Antrag des Kreisdeputierten Reiner Josef Herriger aus Barrenstein beschlossen — mit 14 gegen sechs Stimmen.

Architekt Casper C. Pickel (1847— 1939) hat das Gebäude im wilhelminischen Baustil für die damals stolze Summe von 160 000 Goldmark erbaut. Das neue Haus nahm im Erdgeschoss den Sitzungssaal des Kreistages sowie die Büroräume des Landrats auf, in der ersten Etage lag dessen Dienstwohnung. Im Dachgeschoss logierten die Dienstboten. Heute beherbergt das Ständehaus das Grevenbroicher Büro von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und seines Allgemeinen Vertreters, Jürgen Steinmetz, sowie Rechtsamt, Kommunalaufsicht, Kreistagsbüro und Büro für Europäische Partnerschaften.

Der nach wie vor gebräuchliche Name „Ständehaus“ kommt daher, dass der Kreistag sich damals nicht aus frei gewählten Vertretern zusammensetzte, sondern aus Delegierten der drei Stände des Adels, der Städte sowie der Landgemeinden. Von dem historischen Gebäude ausgehend entwickelte sich Schritt für Schritt der heutige Verwaltungskomplex des Kreises in Grevenbroich an der Lindenstraße und „Auf der Schanze“.

Nach dem Erdbeben von 1992 und dem damit verbundenen Abriss des aus den 1950er Jahren stammenden Kreissitzungssaals war am Verwaltungsstandort Grevenbroich ein zeitgemäßer Erweiterungsbau einschließlich neuem Kreissitzungssaal in Angriff genommen worden, der 1997 seiner Bestimmung übergeben wurde. Drei Jahre später wurden auch die Neusser Dienststellen der Kreisverwaltung an einem bürgerorientierten Dienstleistungsstandort — dem Kreishaus Neuss — zusammengefasst.

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