Krüge in Burgmauer zerstört

Bei den Sanierungsarbeiten sind eingemauerte Tongefäße beschädigt worden.

Dormagen. Einst war die Burg in Zons eine Zollfeste. Sie gilt heute als besterhaltene spätmittelalterliche Befestigung am Niederrhein. Entsprechend stolz sind die Zonser auf ihr touristisches Kleinod. Auch Stadtführer Heinz Libertus ist eng mit seinem Heimatort verbunden. Doch der Vorsitzende des Altstadt-Vereins ist besorgt und verärgert: Bei täglichen Spaziergängen mit seinem Hund entdeckte der Rentner, dass an der südlichen Mauer der historischen Feste ein Teil der dort eingefassten Tonkrüge beschädigt oder ganz zerstört worden ist.

„Für uns ist das ein ungeheuerlicher Vorgang. In anderen Landesteilen wären ganze Kolonnen von Fachleuten angereist, um diese Krüge für die Nachwelt zu sichern“, empört sich Libertus. Sein Vorwurf: Bei den Sanierungsarbeiten auf dem Burggelände seien die Krüge wenig beachtet und die Henkel teilweise abgeschlagen worden. Dabei könnten sie Aufschluss über die frühe Entstehungsgeschichte der Stadtfeste geben, sagt der Zonser.

Franz Steves, Architekt und beim Kreis mit der Sanierung betraut, bestätigt, dass ein Teil der Krüge bei den Arbeiten zerbrochen sind. „Wir haben historische Substanz zerstört, das ist eine traurige Feststellung.“ Wie viele der insgesamt etwa 60 Gefäße zu Bruch gegangen sind, kann Steves nicht sagen. Zahlreiche der etwa zwölf Zentimeter großen Amphoren seien bereits lose oder porös gewesen. „Schon beim Säubern der Fugen mit dem Handfeger fielen Teile auseinander“, sagt Steves. Die Tonkrüge seien aber keineswegs abgeschlagen worden, betont der Architekt.

Seit September 2009 wird das Gelände rund um die Burg Friedestrom umfangreich restauriert und umgestaltet. Der Rhein-Kreis Neuss investiert in Zons insgesamt 1,3 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II und dem NRW-Strukturprogramm Regionale 2010. Die Kosten für Mauersanierungen und Infrastruktur belaufen sich auf rund 695 000 Euro. Die Sanierung ist fast abgeschlossen, nur noch kleine Restarbeiten sind zu erledigen.

Die Südmauer wurde im Herbst aufwändig überholt. Dabei wurde sie von Unkraut befreit, etwa 2000 Steine wurden ausgewechselt, Fugen angeklopft, Mörtel erneuert und das Mauerwerk von Feuchtigkeit befreit. Der Erker am Südgebäude wurde wieder aufgebaut.

„Die Mauer litt unter dem Zahn der Zeit“, sagt Steves. Dabei war vor allem das überwuchernde Efeu ein großes Problem. „Die unterarmdicken Triebe waren teilweise so stark in den Mauerfugen verwurzelt, dass sich der Mörtel und damit auch die Krüge automatisch lösten.“

Alle Arbeiten sind in Abstimmung mit den zuständigen Denkmalbehörden durchgeführt worden. Die Krüge waren zum Großteil durch das dichte Efeu verdeckt und kamen erst während der Sanierungsarbeiten zum Vorschein. Sie seien zur Kenntnis und so weit wie möglich in der Burgmauer belassen worden. Ein Tipp vom Heimatverein wäre vielleicht hilfreich gewesen, meint Steves. Schriftlich erwähnt werden die Tonkrüge etwa in dem Buch „Geschichte von Stadt und Amt Zons“ von Aenne Hansmann aus dem Jahr 1973.

Der Denkmalschutzbeauftragte der Stadt Dormagen, Jürgen Waldeck, reagierte auf die Nachricht überrascht: „Nach meinem Kenntnisstand wurden die Tonkrüge nicht zerstört, sondern im Gegenteil zusammen mit der Burgmauer sorgsam und fachgerecht saniert.“ Er kann aber auch nicht ausschließen, dass mit den losen Mauerstein- und Mörtelresten auch „kleinere, verwitterte Teile einzelner Krüge nicht vollständig zu erhalten waren“.

Für Heinz Libertus ist das ein Skandal. „Man hat hier die Augen verschlossen. Die Sanierung der Mauer war doch die Gelegenheit, die Bedeutung und das Alter der Tonkrüge zu erforschen“, sagt er. Die mittelalterlichen Trinkgefäße aus Siegburger Steinzeug stammen vermutlich aus dem 14. Jahrhundert, könnten aber auch älter sein, meint Libertus. Warum sie überhaupt eingemauert wurden, ist nicht überliefert. Eine Vermutung ist, dass sie aus Lüftungszwecken in die Pfeil- und Bogenburg einzementiert wurden.

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