Unterführung wird zur Leinwand

Schön, kreativ und legal: 17 Sprayer verzieren Tunnelwände am Holzweg mit Graffiti.

Dormagen. Mit der Dose in der Hand gestalten Graffiti-Sprayer oft wahre Kunstwerke. Doch das Flächenangebot für diese Kunstform ist meist begrenzt, denn ein echter Graffiti-Künstler sprüht seine Werke nur auf legalen Flächen.

Am Samstag rief das Kinder- und Jugendbüro mit dem Dormagener Graffiti-Projekt zu einer ganz besonderen Aktion auf: Gleich drei Unterführungen am Holzweg wurden zu legalen Leinwänden für die Graffiti-Kunst erklärt. 17 Sprayer kamen zur Einweihung und sprühten ihre Bilder und Schriftzüge auf die insgesamt 400 Quadratmeter großen Flächen.

Den Kontakt zur Sprayer-Szene hält das Jugendbüro über den 23-jährigen Studenten Christoph Schade, der selbst als Graffiti-Künstler unterwegs ist. „Wir haben den Termin online bekanntgemacht“, berichtet Schade. Dass nur knapp die Hälfte der am Samstag aktiven Sprayer aus Dormagen stamme, sei kein Problem, meinte der Kinder- und Jugendbeauftragte Klaus Güdelhöfer.

„Bisher hatten wir in Dormagen keine legalen Graffiti-Flächen, nur auf dem Skaterpark wurde dies geduldet und es gab einige Einzelprojekte. Die Sprayer werden hier in Zukunft intensiv ihre Kunst ausleben.“ Es sei allerdings schwer gewesen, die entsprechenden Genehmigungen zu bekommen, da die Unterführungen dem Land und dem Bund gehören, so Güdelhöfer.

Der mit 17 Jahren jüngste Teilnehmer war am Samstag Jerome Lack. Er kommt aus Neuss. Jerome war schon als Grundschüler von bunter Kunst fasziniert, vor drei Jahren hat er sein erstes Graffiti angefertigt. „Ich male meine Graffiti meist zu Hause auf einem Blatt vor, das können mal Buchstaben oder auch Comicfiguren sein“, erzählt er.

Buchstaben sind auch das Thema des Düsseldorfers Philippe Schuy. Der 23-jährige gelernte Koch sprüht sein Erkennungszeichen „Odin“ auf legale Flächen in Frankfurt, Düsseldorf oder Korschenbroich — und das bereits seit zehn Jahren.

Für den Dormagener Marco Grunewald ist das Graffitisprayen zu einer kleinen Sucht geworden, gesteht er. „Stone“ heißt sein Pseudonym. Er fertigt Entwürfe an, doch die werden nur in den seltensten Fällen eins zu eins umgesetzt. „Ich bin schon berühmt dafür, dass ich improvisiere. Ich lande meist im Freestyle“, sagt der angehende Altenpfleger. Geschätzte fünf Stunden braucht er an diesem Tag für seinen Beitrag. Dabei verbraucht er Farbe im Wert von rund 20 Euro.

Lange werden die Kunstwerke vermutlich nicht Bestand haben. Viele Flächen werden in der Regel von anderen Sprayern übersprüht. Die drei Unterführungen an der Alten Heerstraße, der A 57 und der Franz-Gerstner-Straße können jetzt ohne Anmeldung gestaltet werden. Nur wenn anstößige Bilder oder Inhalte gesprayt werden, will das Jugendbüro diese übermalen. Folgekosten entstehen keine. Ganz anders bei den illegalen Sprayern: Durch die Schmierereien entsteht in Deutschland jährlich einen Schaden von 500 Millionen Euro.

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