Alte Bücher — seine Leidenschaft

Als Beschäftigter der WfB ist Norbert Schmitz der erste, der im Stadtarchiv beim Restaurieren hilft.

Grevenbroich. Uralte, zerfledderte Bücher mit eigenen Händen instand zu setzen, das fasziniert Norbert Schmitz. Mehr als 20 Jahre arbeitete der 44-Jährige in der Werkstatt für Behinderte (WfB) Hemmerden.

Nun hat er eine neue Arbeitsumgebung: Im Stadtarchiv restauriert er alte Registerbände. Und zwar so genannte Personenstandsregister, also Geburten-, Ehe- und Sterberegister. Die Bände wandern nach bestimmten Fristen ins Stadtarchiv, das diese Aufgabe nach einem neuen Gesetz Anfang 2009 vom Standesamt übernommen hat.

Nur: Mehr Personal hatten die Gesetzgeber allerdings nicht vorgesehen, wie Kulturdezernent Michael Heesch bedauert. Die Archivare seien auch ohne den neuen Brocken „mit Arbeit be- wenn nicht überlastet“. Die Register, knapp 1700 gebundene Bücher, füllen an die 20 Meter Regale. Die ältesten gehen bis auf das Jahr 1800 zurück, etwa die Hälfte ist in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand, berichtet Stadtarchivleiter Wolfgang Brandt. Viele Bände sind durch feuchte und staubige Lagerung angegriffen, Seiten eingerissen und unsachgemäß geflickt, Blätter verschmutzt.

Viele Einrichtungen brauchen die Bände für ihre Recherchen, etwa Anwälte, Gerichte, Erbenermittlungsbüros, Standesämter sowie Renten- und Versorgungsämter. Außerdem sind die Dokumente wichtige Quellen für Wissenschaftler und Familienforscher. Es gibt also viel zu tun für Norbert Schmitz, der die Archivarbeit schon in Praktika kennengelernt hat.

Im Handwerk kennt er sich ohnehin bestens aus, schließlich war er 1991 in der Druckerei und Buchbinderei der WfB tätig. Dass ein Beschäftigter einer Behindertenwerkstatt in Stadtarchivräumen tätig wird, ist im Umkreis wohl einzigartig.

WfB-Geschäftsführer Wilfried Moll sieht in solchen Auslagerungen eine Chance, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. So habe er bereits mit einem Distributionslager in Jüchen gute Erfahrungen gemacht: „Die Auslagerung gibt Menschen mit Behinderung ein ganz anderes Selbstverständnis, ohne sie den Unsicherheiten des Arbeitsmarktes auszusetzen.“

Die Beschäftigten werden weiterhin betreut und alle können problemlos in die Werkstatt zurückkehren. Die Kooperation zahlte sich also für beide Seiten aus, betont Michael Heesch, der deshalb auch von einer Win-win-Situation spricht. Norbert Schmitz arbeitet zunächst für ein Jahr im Stadtarchiv, dann wird über eine Verlängerung entschieden.

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