Pusteblumen hinter Plexiglas

Doppelausstellung „So gesehen. . .“ ist in der Versandhalle zu sehen.

Grevenbroich. Überall Pflanzen. Blüten, Zweige, Pusteblumen: Fotografiert, hinter Plexiglas gebannt, arrangiert mit Draht und Metall. Doch es ist weit entfernt von einer botanischen Sammlung, was die Neusser Künstlerinnen Hildegard Monßen und Anja Maria Strauss präsentieren.

Um Formen und Strukturen geht es ihnen, um neue, überraschende Facetten von alltäglichen Objekten. Und um den jeweils individuellen Blick auf die Dinge. „So gesehen. . .“ heißt ihre Doppelausstellung, die am Sonntag in der Versandhalle eröffnet wurde.

Die beiden kennen sich schon lange. Mehrere Jahre lang arbeiteten die beiden Tür an Tür im Neusser Atelierhaus auf der Barbarastraße, nun hat Anja Maria Strauss in Düsseldorf ein neues Domizil für ihre Arbeit gefunden.

So ähnlich die künstlerischen Ansätze, so unterschiedlich sind die Lebensläufe. Da ist die Fotografin Hildegard Monßen, 1948 in Vorst geboren, die nach dem Kunst- und Germanistikstudium über ein Vierteljahrhundert als freie Journalistin unterwegs war. Parallel hat sie stets fotografiert und den Blick in Seminaren der Fotohistorikerin Herta Wolf geschult. Seit 1998 zeigt Hildegard Monßen ihre Fotografien in Ausstellungen.

Anja Maria Strauss wurde 1973 in Saarlouis geboren und wuchs durch die elterliche Gärtnerei samt Blumenladen in die Arbeit mit Pflanzen hinein, machte Ausbildungen zur Floristin und zur Gestalterin für Blumenkunst. Der Schrank, in dem die Eltern ihre Saaten aufbewahrten, steht heute in ihrem Atelier, doch ihre künstlerische Arbeit geht weit über gewöhnliche Floristik hinaus.

Kunstkenner sprechen von „Natural Art“. So hat Strauss beispielsweise ganze Wolken von Pusteblumen in Glaskästen arrangiert. Was so einfach aussieht, ist Produkt von langen Versuchen, denn nur in einem bestimmten Reifegrad lassen sich die Schirmchen zu derart wolkigen Gebilden verhaken. Doch das Ergebnis lohnt die Mühe und setzt die unterschiedlichsten Assoziationen frei. „Manche Betrachter fühlen sich an Kokons erinnert, andere an ein Labor“, berichtet die Künstlerin.

Ganz anders das Ergebnis, wenn sich Hildegard Monßen den gleichen Objekten mit der Kamera nähert. Fotografen sind „Schattenfänger“, sagt man. Und tatsächlich hat die Fotografin, die ausschließlich mit Tageslicht arbeitet, die Schatten von Löwenzahn-Samen festgehalten: Mal einen ganzen schwebenden Schwarm, dann wieder ein einzelnes Schirmchen.

Wie ihre Künstlerkollegin eröffnet auch sie neue Perspektiven auf das Vertraute: Was auf dem Foto aussieht wie ein weißes Designer-Kleid, ist in Wahrheit die Außenhülle einer Knoblauchzehe; bei den scheinbaren Impressionen aus einer Sandsteinwüste handelt es sich um das Blatt einer verwelkten Mohnblüte.

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