Zwei Räder, viele Lebensläufe

Das Fest der Kulturen und eine Station des Radwandertags füllen den Marktplatz.

Grevenbroich. Eigentlich war für Üzeyir Cakar alles klar, als er 1962 aus Istanbul nach Grevenbroich kam. Drei Jahre lang wollte er bleiben und genug Geld verdienen, um daheim in der Türkei das Busunternehmen der Familie weiter aufzubauen. Dafür hatte der 22-Jährige schon im Heimatland gejobbt.

Drei Tage und drei Nächte war Cakar mit dem Zug unterwegs, Unterkunft fand er in einem Wohnheim in Gindorf. Ein Jahr später zog seine Frau mit den beiden Kindern nach. Weil sie in Grevenbroich die Schule besuchten, wurde die Rückkehr zunächst um ein Jahr verschoben, dann um noch eins und ein weiteres. Heute lebt Üzeyir Cakar immer noch mit seiner Frau in Grevenbroich und genießt nach 33 Arbeitsjahren bei der Rheinbahn seine Pension.

So wie ihm ging es vielen, nachdem vor 50 Jahren Deutschland ein Anwerbeabkommen mit der Türkei abgeschlossen hatte. Vorangegangen waren ähnliche Vereinbarungen mit Italien, Spanien und Griechenland, weitere sollten folgen.

Eine Ausstellung im Café Kultus zeichnet solche typischen Migrantenbiografien nach. Ismail Yavuz (20), Mitglied im Integrationsrat, kennt Lebensläufe wie von Üzeyir Cakar aus vielen Geschichten von älteren Freunden und Verwandten: „Sie sind für ein, zwei Jahre gekommen und haben sich hier ein Leben aufgebaut“, sagt er.

Zur Erinnerung an das Jubiläum hat er gemeinsam mit seinen Integrationsrats-Kollegen das „Fest der Kulturen“ organisiert, das am Sonntag auf dem Marktplatz stieg. Neben Infoständen, etwa vom Jugendmigrationsdienst, gab es vielfältige Musik- und Tanzdarbietungen aus verschiedenen Ländern.

Immerhin leben Menschen aus mehr als 100 Nationen in der Stadt, fast jeder zehnte Grevenbroicher hat einen Migrationshintergrund. Um ihnen auch in der Lokalpolitik eine Stimme zu geben, wurde 2010 der Integrationsrat eingerichtet. Der hat allerdings lediglich beratende Funktion, wie Yavuz bedauert: „Weil wir nicht mitentscheiden dürfen, ziehen sich viele Anträge in die Länge. Aber wir haben auch schon einiges durchgesetzt, etwa Schwimmzeiten ausschließlich für Frauen im Schlossbad.“

Um Sport ging es auch beim zweiten Event, das parallel am Sonntag auf dem Marktplatz stattfand. Dort war eine der Stationen des 20. Niederrheinischen Radwan*dertages untergebracht. Insgesamt 61 Routen durch das Gebiet zwischen Rhein und Maas hatten die Veranstalter zusammengestellt, von denen zwei durch Grevenbroich führten.

Schon am Mittag hatten Peter Wimmer vom ADFC und Christoph Müller von der Stadtverwaltung 100 Radwanderern per Stempel die Ankunft bestätigt. Peter Wimmer zeigte sich zufrieden: „Das ist mehr als im vergangenen Jahr, als uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.“

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