Fliegerbombe: Entwarnung nach einer Stunde

Sprengmeister Jost Leisten hat am Mittwoch ohne Probleme eine englische Fliegerbombe entschärft.

Kaarst. Brigitte Kaulen legt ihr Handy an diesem Vormittag nicht aus der Hand. Auf dem Parkplatz am Jungfernweg nahe des Friedhofs wartet die Ordnungsamtsleiterin mit Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr auf den Anruf des Tages, der aus 500 Meter Entfernung von Jost Leisten kommen soll.

Der Sprengmeister des Kampfmittelräumdienstes der Bezirksregierung macht in diesen Minuten eine Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg unschädlich. Um 11.26 Uhr klingelt das Telefon, Brigitte Kaulen atmet durch: Der hochgefährliche Blindgänger ist entschärft, die Sirenen heulen zur Entwarnung auf.

Die englische Fliegerbombe war vor einer Woche in einem Feld An der Alten Landwehr/ verlängerte Neuhofstraße südlich der A 52 gefunden worden. Das Ackerland von Bauer Brungs soll an dieser Stelle bebaut werden. Daher wurde eine Verdachtsanalyse durchgeführt, und Luftbilder der Alliierten wurden hinzugezogen. Zweieinhalb Meter tief im Erdreich bestätigte sich dann der Verdacht, die Bombe wurde mit einem Minibagger freigelegt.

Die Chance, dass alte Fliegerbomben bei der Entschärfung explodieren, ist relativ gering. Um jedoch auf alles vorbereitet zu sein, evakuierte die Stadt ab 10.30 Uhr Anwohner in der inneren Gefahrenzone von 250 Metern. Maximal 500 Menschen (etwa 200 Haushalte) mussten vorsorglich ihre Häuser und Wohnungen für etwa eine Stunde verlassen.

Die von der Stadt für diese Zeit als Ausweichquartier ausgewiesene Sporthalle an der Alte Heerstraße nutzte bei dem schönen Wetter am Mittwoch kaum einer. Bis zu einer Entfernung von 500 Metern sollten die Menschen zudem ihre Fenster geschlossen halten und sich nicht auf der Straße bewegen. „Es lief alles reibungslos und diszipliniert ab“, sagte Feuerwehrchef Herbert Palmen.

Straßen waren weiträumig gesperrt, Busse wurden umgeleitet. Die A 52 musste zwischen den Autobahnkreuzen Neersen und Kaarst in beide Richtungen komplett gesperrt werden. Ein Bild, das an Zeiten der Fahrverbote während der Ölkrise erinnerte.

Um sicher zu gehen, dass sich niemand mehr in der Gefahrenzone befindet, war auch ein Polizeihubschrauber im Einsatz. Bauer Harald Langenfels vom Neuhof holte noch schnell seine Kühe ein, ein Traktor musste weggefahren werden. „Da konnten wir noch feinjustieren“, sagte Palmen.

„Das ist die erste Bombenentschärfung in Kaarst, bei der wir evakuieren mussten“, sagte Bürgermeister Franz-Josef Moormann, der sich einen kurzen Überblick vor Ort verschaffte.

Für den erfahrenen Sprengmeister Jost Leisten gehört die Gefahr seit mehr als 15 Jahren zum Alltag. „Ich habe keine Ahnung, wie viele Bomben ich schon entschärft habe. Routine darf es nicht geben, da muss man sich immer wieder neu reindenken“, sagte er und ist sich des Risikos seiner Arbeit stets bewusst, trotzdem: „Ich denke nicht darüber nach, was passieren kann.“

Eine komplizierte Angelegenheit war die Entschärfung der explosiven Altlast aus England nicht, nach gut einer halben Stunde ist ein dumpfer Knall zu hören, der Detonator gesprengt und der Zünder entfernt. „Alles ohne Probleme, die Bombe war eine Standardmodell, wahrscheinlich ein Notabwurf“, vermutete der Sprengstoffexperte.

Die jetzt ungefährliche Bombe kommt erst einmal in ein Zwischenlager in Ratingen, dann wird sie zum Munitionszerlegebetrieb ins westfälische Ringelstein transportiert. Allerdings nicht vollständig: Brigitte Kaulen durfte den ausgebauten Zünder als „Trophäe“ mit ins Büro nehmen.

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