Gema stoppt Seniorentanz

Viele Hobbytänzer hatten im Hotel Sportforum ein Zuhause gefunden — bis der Mann von der Gema kam.

Kaarst. Hans-Heinrich Eichler hat Helmut Kohl angerempelt. Beim Bundespresseball. Versehentlich. Und wer sich den leichtfüßigen Tänzer neben dem damaligen Kanzler vorstellt, glaubt eher, dass es umgekehrt war. Jetzt tanzt Eichler nicht mehr. Und Schuld ist die Gema, da ist er sicher.

Susann Losseff, Hotelbetreiberin

Bis zum August vergangenen Jahres hatte Hans-Heinrich Eichler eine feste Tanzgruppe. Länger als ein Jahr traf er sich monatlich mit anderen Tänzern im Hotel Sportforum in Büttgen. Pianist Matthias Schnitzler spielte dort Swing und Slow-Fox-Stücke. „Das war genau meine Musik“, sagt Eichler. Hotelbetreiberin Susann Losseff hat die Tanznachmittage ins Leben gerufen — zum Selbstkostenpreis. Der Eintritt war frei, lediglich ein Mindestverzehr von 4,50 Euro war Voraussetzung. „Ich wollte damit kein Geld verdienen, sondern den älteren Menschen einen Anlaufpunkt bieten“, sagt Losseff. Den gibt es nun nicht mehr.

Der Anfang vom Ende war ein Besuch eines Mitarbeiters der Gema. Eigentlich harmlos, denn natürlich zahlt die Betreiberin des Hotels für die Zimmer und den Gastraum Gema-Gebühren. Etwa 50 Euro jeden Monat. Doch der Kontrolleur der Gema entdeckte bei seinem Besuch einen Aushang, auf dem der Tanznachmittag für Senioren angekündigt war. Und für Tanzveranstaltungen gelten bei der Gema andere Sätze. „Ich wusste nicht, dass ich die Veranstaltung hätte anmelden müssen“, versichert Susann Losseff.

Einige Zeit nach der Gema-Kontrolle bekam sie eine Abrechnung. 150 Euro monatlich sollte sie ab sofort zahlen — dreimal so viel wie zuvor. „Wie diese Summe zustande kommt, verstehe ich nicht. Ich habe im Internet nachgesehen, aber aus den zig verschiedenen Verrechnungsschlüsseln wird man nicht schlau“, sagt die Gastwirtin. Weil sie die zusätzlichen Kosten auch nicht auf die Senioren umlegen wollte, sagte sie alle Tanznachmittage ab.

Es ist nicht ihre erste schlechte Erfahrung mit offizieller Stelle: Als sie den Seniorentanz ins Leben gerufen hat, wollte sie einen Fahrservice anbieten. Den notwendigen Führer- und Personenbeförderungsschein hat sie. Trotzdem lehnte das Amt ihre Anmeldung ab. Sie müsse ihren Pkw zu diesem Zweck umbauen, hieß es. „Ich wollte lediglich ein paar Menschen helfen, die schlecht zu Fuß sind. Aber das ist wohl verboten“, ärgert sich Losseff.

Hans-Heinrich Eichler hat nun keinen Platz mehr zum Tanzen. „Es gibt wohl eine ähnliche Alternative in Krefeld, aber das ist mir zu weit. Das Hotel ist ja direkt vor der Haustür.“ Ganz aufgegeben hat er trotzdem noch nicht: „Nach meinen Informationen kann man die Gema-Gebühren umgehen, wenn man einen Verein gründet und so als geschlossene Gesellschaft tanzt.“ Doch dieser Plan gestaltet sich kompliziert, denn auch wenn Eichler einige der Tänzer mittlerweile näher kennt, ist es schwierig die ganze Gruppe — etwa 30 Stammgäste kamen einmal im Monat in das Hotel Sportform — zu erreichen. Eichler: „Deshalb werde ich wohl nicht mehr tanzen.“

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