Kunstausstellung: Judith Maria Kleintjes - Ein Wald im Tunnel

Judith Maria Kleintjes stellt im Field Institute Hombroich aus.

Rhein-Kreis Neuss. Die Insel ist ihr vertraut: Schon als Kunststudentin kellnerte Judith Maria Kleintjes im Museumscafé, und vor eineinhalb Jahren setzte sie sich erstmals künstlerisch mit dem Kulturraum Hombroich auseinander. Jetzt kehrte die Niederländerin zur ehemaligen Nato-Basis zurück, um für vier Wochen im Gastatelier der Raketenstation Hombroich zu leben und zu arbeiten.

Die Ergebnisse dieser Kreativphase, aber auch frühere Arbeiten, zeigt Judith Kleintjes ab Samstag unter dem Titel „Splitter“ im Field Institute auf der Raketenstation. Künstlerin Ute Langanky begrüßt um 15 Uhr die Gäste. Gudrun Bott, künstlerische Leiterin auf Schloss Ringenberg, spricht zur Einführung.

Judith Kleintjes sucht den Dialog mit der Natur. Für ihre Rauminstallation im 50 Meter langen Ausstellungstunnel lieferte die Natur den Stoff, aus dem die Kunst entsteht. Kleintjes schuf einen künstlichen Wald, der Besucher bahnt sich seinen Weg bis zum Ende des Tunnels.

Ein schöner Zufall: Da auf dem Gelände der Kunstinsel ohnehin Weiden gefällt werden mussten, fragte die Künstlerin an. Gärtner sägten nach ihren Vorstellungen Stämme und Äste zurecht; schnitten Keile, wenn nötig. Sie platzierte die Weiden im Field Institute und stellte sie dabei teilweise auf den Kopf. „Die Türen des Tunnels stehen weit offen. Die Natur draußen ist eingebunden und gibt den Rahmen“, sagt die 49-jährige Utrechterin, die zwischen ihren beiden Ateliers in Amsterdam und Düsseldorf pendelt. Es sei die Bewegung zwischen den Dingen, die sie in der Kunst interessiere. Das Thema Zerstören und Wachsen fasziniert sie, sagt sie und zeigt auf die neuen Triebe der gefällten Weiden. Die Installation sei ein „tanzender Märchenwald“.

Weidenstämme greift Kleintjes auch in ihren zarten Tuschezeichnungen auf, die so interessant sind, weil sie nicht eindeutig erscheinen. So wachsen aus einer Hand heraus acht Finger, die sich zu einem Flechtwerk verbinden. Doch das, was wie eine menschliche Hand aussieht, könnte genauso gut ein Ast sein. „Mich interessiert die Unlesbarkeit, die man eigentlich nicht richtig fassen kann“, erklärt Kleintjes, die an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte und Meisterschülerin von Jannis Kounellis ist.

Die Niederländerin schwärmt davon, wie in Hombroich die Konzentration auf die Kunst gelenkt werde: „Ich genieße die Abgeschiedenheit. Wunderbar, wenn der Wind am Atelier rüttelt und die Natur ihre Kraft zeigt.“ Aber auch Gedichte der dänischen Autorin Inger Christensen inspirieren sie.

Kleintjes reizen Widersprüche, der Gegensatz von filigran und robust, leicht oder schwer. Ihr bevorzugtes Material ist daher auch die Stahlwolle. Daraus formt sie wuchernde Gebilde, bizarre Nester oder einen raumgreifenden Kokon, der am Fleischerhaken baumelt. Die Stahlwolle sieht leicht und weich aus, ist aber auch schwer und äußerst scharf. Die daraus entstandenen Skulpturen stehen im Kontrast und ergänzen wunderbar die feingliedrigen Tinte- und Bleistiftzeichnungen, die wild kreisende Linien aufgreifen. „Ich denke in Zeichnungen“, sagt die Künstlerin. Da passen auch die schwarzen — mit fettem Grafitstift — gemalten Bewegungen wieder ins Gesamtwerk.

“ Die Ausstellung „Splitter“ von Judith Maria Kleintjes ist bis zum 29. April täglich von 13 bis 18 Uhr im Field Institute Hombroich zu sehen.

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