Blindenzentrum: „Wir verstecken uns nicht“

Das 1999 eröffnete Haus hat sich im Ort etabliert. Es gibt eine Warteliste.

Strümp. Behinderte in Heime abschieben und die Türen verschlossen halten: Das ist genau der Weg, den man im Blindenzentrum in Strümp nicht geht. 24 Menschen zwischen 21 und 58 Jahren, alle mehrfach behindert, wohnen an der Helen-Keller-Straße. Doch trotz der vielen Einschränkungen nehmen die Bewohner am Leben teil.

„Wir verstecken uns nicht, gehen einkaufen, zum Friseur oder ins Schwimmbad. Wir haben gute Kontakte zur Kirche, zur Stadt und zu Vereinen. In den über 13 Jahren, die das Haus jetzt besteht, habe ich hier im Ort noch keine einzige abfällige Bemerkung gehört. Und das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit“, sagt Geschäftsführer Peter Henseler.

Sein gestriger Gast hört aufmerksam zu, stellt Fragen, sammelt Eindrücke. Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange Behinderter, hat auch ein offenes Ohr für Henselers Sorgen. „Wir hatten früher drei Zivis. Die zu ersetzen, fällt schwer. Einiges an Angeboten mussten wir leicht zurückfahren. Dennoch gibt es für jeden der Bewohner auch weiterhin einen Betreuer“, erläutert der Geschäftsführer.

Welche Fortschritte Behinderte in Strümp bisweilen machen, lässt sich gut an Jennifer Otten beschreiben. Als die heute 27-Jährige einzog, war sie vollgepumpt mit Morphium und musste über eine Magensonde ernährt werden. „Inzwischen kann sie püriertes Essen zu sich nehmen, und die Schmerzmittel braucht sie auch nicht mehr“, sagt Heimleiterin Sigrid Lange.

Im ersten Jahr wohnten nur acht Menschen im Blindenzentrum. „Wir sind sukzessive gewachsen, konnten ganz in Ruhe ein kompetentes Team aufbauen“, sagt Henseler. Inzwischen gibt es eine Warteliste, die jedoch nur in einem Fall greift: „Wenn jemand stirbt“, erklärt der Geschäftsführer. Dreimal war das bisher der Fall.

Das über den Förderkreis akquirierte Spendenaufkommen ist hoch, vieles konnte in den vergangenen Jahren angeschafft werden. Die Werkstatt ist gut ausgestattet, die Therapieräume sind großzügig gestaltet, in dem Multifunktionsraum werden Konzerte gegeben oder Feten gefeiert. Auch ein Snoezelraum mit Klangwasserbett zur Entspannung fehlt nicht. Doch was heißt Entspannung: „Am liebsten wird hier Heavy Metal gehört. Das wummert so schön“, erzählt Sigrid Lange.

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