Jugendhilfe: Integration in der Praxis umgesetzt

Vera Jentjens und Silke Braun engagieren sich in ihrer Freizeit für tamilische Kinder und Jugendliche.

Meerbusch. Vera Jentjens ist als Mitinhaberin der gleichnamigen Grünoase in Osterath eine viel beschäftigte Frau. „Seit die Kinder mit im Betrieb sind, kann ich mir aber auch wieder mehr Zeit für andere Dinge nehmen“, sagt die Geschäftsfrau — für die Kunst vor allem, denn dafür schlägt ihr Herz. Aber sie wollte noch mehr machen, „etwas zurückgeben“, wie die Gärtnermeisterin ihr Anliegen bezeichnet.

In der Kindertagesstätte Sonnengarten in der Böhlersiedlung ist Vera Jentjens fündig geworden. Dreimal in der Woche versucht sie, tamilischen Kindern einen Zugang zur Kunst aufzuzeigen — mit erstaunlichem Erfolg. „Es war mir schnell klar, dass nur ein richtiges Projekt der Sache einen kontinuierlichen Rahmen verleihen würde.“

Jentjens gestaltete mit ihren Zöglingen Kinderstühle, bemalte und beklebte die Sitzgelegenheiten, bis ein ebenso buntes wie kindlich-kreatives Ergebnis heraussprang. Die Stühle wurden in der Grünoase, in der Günther-Tanzschule und bei Mrs. Books ausgestellt — und für 55 Euro das Stück verkauft.

„Fünf Stühle sind bis jetzt weggegangen“, berichtet Vera Jentjens ein wenig stolz. „Wir haben das ganz professionell mit Plakaten und Visitenkarten aufgezogen, das hat Eindruck gemacht“, fügt sie hinzu. Von dem Geld wurden Materialien für neue Projekte angeschafft, aber auch ein Ausflug in den Düsseldorfer Kunstpalast finanziert. „Das war für die Kinder, die sonst ja kaum eine Möglichkeit haben, mit echter Kunst in Berührung zu kommen, ein tolles Erlebnis“, sagt Jentjens.

Dass ihre Schützlinge mit großer Begeisterung bei der Sache sind, überrascht sie nicht wirklich. „Kunst ist ein einfacher Weg, Türen zu öffnen. Kinder sind prinzipiell unkompliziert, und diese Migrantenkinder sind vielleicht sogar noch ein bisschen lernbegieriger als andere“, zieht Vera Jentjens nach einem halben Jahr ehrenamtlicher Arbeit ein erstes Resümee.

Englisch ist für Silke Braun zur zweiten Muttersprache geworden. Drei Jahre hat sie aus beruflichen Gründen in London, danach acht Jahre in den USA gelebt, ehe es sie aus familiären Gründen nach Meerbusch zog. „In den USA habe ich gelernt, wie selbstverständlich es ist, eigene Zeit unentgeltlich für andere zu opfern“, erzählt die Lankerin.

2009 wandte sich Braun an das Ehrenamt-Forum. „Es hat mir gefallen, dass die Leiterin Brigitte Erwig etwas über meinen persönlichen Hintergrund erfahren wollte, um mich gezielt vermitteln und auch eine gewisse Langfristigkeit garantieren zu können“, erzählt sie.

Ein Betätigungsfeld war schnell gefunden: Bei der Integration gibt es Nachholbedarf, erkannten die Frauen. Silke Braun begann, einem tamilischen Jungen Nachhilfe in Englisch zu geben. „Er sprach sehr gut Deutsch, aber die dritte Sprache war dann etwas zu viel für ihn.“ Doch der Teenager verbesserte sich binnen kürzester Zeit um zwei Noten und schaffte den Realschulabschluss.

Seit sich Silke Braun mit einem Großhandel für Gürtel, Taschen und Schals aus Südamerika selbstständig gemacht hat, ist ihre Freizeit knapp bemessen. Doch sie half dem jungen Tamilen weiterhin — bei der Bewerbung für einen Aushilfsjob und ein Praktikum oder im Englischen für das Wirtschafts-Gymnasium, das er jetzt besucht.

Inzwischen gibt sie auch den beiden jüngeren Schwestern Englisch-Nachhilfe. „Als die Familie mich zu einer tamilischen Familienfeier einlud, musste ich leider absagen. Das hätte ich gerne wahrgenommen, denn dann hätte ich auch ein bisschen die Bräuche, Traditionen und das Umfeld der Familie kennengelernt“, erzählt Silke Braun.

“ Wer Interesse an einem ehrenamtlichen Job hat, kann sich an das Ehrenamt-Forum wenden: Telefon 0177-6714582.

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