Kita-Streik erfordert Improvisation

Zwar kann Gabi Bröcker die Forderungen der Erzieherinnen verstehen. Doch sie muss auch die Betreuung ihres Sohnes Sebastian sicherstellen.

Kita-Streik erfordert Improvisation
Foto: Ulli Dackweiler

Zugegeben: Familie Bröcker hat nicht nur eine top-fitte Großmutter, die sich um den fünfjährigen Sebastian kümmert, sondern mit Bärbel Campagnolo auch eine Haushaltshilfe, die mit dem Jungen schon mal nachmittags zum Sport geht oder mit ihm spielt und vor allem mit ihm zusammen bleibt, bis die Eltern nach Hause kommen. Aber trotzdem wirkt sich der Streik der Erzieherinnen auch auf diese Büdericher Familie aus. „Noch kriegen wir alles geregelt, aber wenn das so weiter geht, muss ich unbezahlten Urlaub nehmen — und dann geht es auch für uns ins Geld“, sagt Gabi Bröcker (43).

Sie ist genervt. Der Streik dauert jetzt schon fast zwei Wochen, sie und ihr Mann entscheiden jeden Tag aufs Neue, wie Sebastian betreut werden kann. Am Anfang fand der Junge es noch ganz schick, von Oma, Bärbel oder anderen Müttern aus dem Freundeskreis betreut zu werden. Gestern meinte er lakonisch: „Kita ist schöner.“

Gabi Bröcker leitet die Abteilung Rechnungswesen, Steuer und Finanzen eines Konzerns in Essen und kommt locker auf eine 50-Stunden-Woche. Ihr Partner ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer einer großen Kanzlei in Düsseldorf, sitzt gerade in unterschiedlichen Projekten und „arbeitet Tag und Nacht“, wie Gabi Bröcker es formuliert. Beide versuchen sich die familiären Aufgaben neben ihren Jobs gut aufzuteilen. Das klappt, auch durch die Hilfe von Bärbel Campagnolo, die der Familie seit mehreren Jahren zur Seite steht.

Aber jetzt wird es eng. Die Brökers müssen täglich improvisieren, seitdem auch die Erzieherinnen des Familienzentrums Frohnhof, in dem Sebastian betreut wird, streiken. Normalerweise bringt der Vater den Sohn in die Kita, jetzt setzt ihn die Mutter bei ihrer Mutter im Düsseldorfer Norden ab, um dann direkt zur Arbeit nach Essen zu fahren. Oma und Enkel unternehmen viele Sachen, „aber meine Mutter ist auch schon 74 Jahre alt, zwar noch rüstig, aber auch nicht über Gebühr mit einem aktiven Jungen belastbar“, so Gabi Bröcker. Mittags kommt Haushaltshilfe Bärbel vorbei, holt den Jungen ab und bringt ihn meistens auch ins Bett, die Eltern kommen spät nach Hause.

„Jetzt wird es wirklich Zeit, dass sich die Verhandlungspartner in diesem Streik an einen Tisch setzen“, fordert Gabi Bröcker vermutlich im Namen vieler Mütter, mit denen sie im Übrigen über eine Whats-App-Gruppe vernetzt ist und so auch spontane Betreuungen untereinander abspricht. Sie schätze die Arbeit der Erzieherinnen sehr, aber: „Das kann ja nicht sein, dass der Streik auch nach Pfingsten noch fortgesetzt wird.“

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