Mahnmal gegen Rassismus

Seit 20 Jahren gestalten Künstler die Plakatwand in Büderich. Die Botschaft ist aktuell.

Büderich. Der fremdenfeindliche Brandanschlag in Solingen vor 20 Jahren schreckte viele Menschen auf. In Meerbusch war der tödliche Übergriff für den Aktionskünstler Helmut Martin-Myren der Anlass, die Plakatwand gegen Ausländerfeindlichkeit ins Leben zu rufen. Sie sei heute noch so aktuell wie damals, machte Meerbuschs Kulturdezernentin Angelika Mielke-Westerlage bei der Vorstellung der Neugestaltung am Sonntag deutlich.

Seit 20 Jahren nähern sich ganz unterschiedliche Künstler dem Thema in ihrer individuellen Sprache: mit Worten, Zitaten, einer Schlagzeilen-Collage, gemalten Motiven und Fotografien, mal verspielt, mal nüchtern, raumgreifend oder versteckt-verschreckt, schlicht und puristisch gestalten sie die schmucklose Wand.

Der Appell ging lange Jahre vom Standort Dorfstraße aus. Als Helmut Martin-Myren starb, übernahm der in Büderich lebende Künstler Winni Schmitz-Linkweiler Verantwortung und Organisation. Als Winni Schmitz-Linkweiler 2011 starb, setzte sein Bruder Jochen die Arbeit fort — unterstützt von Künstlerfreunden, die sich seit Jahren für das Projekt engagieren, und von der Stadt.

Seit einigen Jahren steht die Plakatwand auf dem Dr.- Franz-Schütz-Platz — zwischen Dorfstraße und dem Verwaltungsgebäude. Die Künstlerin C.U. Frank hat sie jetzt, im bitteren Gedenkjahr, gestaltet — mit Worten, die auch als Bild wirken. Frank spricht sich selbst wie die Betrachter an: „Mein/Ihr Name ist Rassismus.“ Die Schrift zerfasert, verwischt.

Es sei die Verbildlichung des sich ausbreitenden, giftigen Rassismus’, sagt Frank. Als äußerer Auslöser hätten der Anschlag von Breivik in Norwegen und die NSU-Morde gewirkt, doch es gebe auch eine Innensicht: „Dass der Rassismus unter uns ist, ohne dass wir ihn bemerken.“

Freunde, Nachbarn, Bekannte könnten sich als Rassisten entpuppen. Die Interviews im Zusammenhang mit dem Anschlag von Boston hätten ihr das wieder deutlich gemacht: Der Extremismus der mutmaßlichen Täter wurde in deren Umfeld nicht bemerkt, Freunde beschreiben den überlebenden als freundlich, unauffällig. „Rassismus ist virulent, er ist unter uns“, sagt Frank. Mit Anschlägen und Drohungen wollten Täter Angst verbreiten: „Das ist dumm.“

Kulturdezernentin Angelika Mielke-Westerlage lobt das Engagement Schmitz-Linkweilers und der Künstler, die „die Mahnung seit 20 Jahren aufrechterhalten“. Beeindruckt sei sie auch, weil die Plakatwand noch nie beschädigt worden sei, Künstlerbilder nie zerstört würden, „außer wenn der Kleber versagt“.

Die Neugestaltung durch die Künstlerin C.U. Frank soll in diesem Jahr nicht die letzte sein. Jochen Schmitz-Linkweiler plant im Herbst eine grafische Darstellung, Rückblick auf die vergangenen 20 Jahre. „Vielleicht lässt sich das so realisieren, dass das Motiv dauerhaft erhalten bleibt.“

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