Ostern: Pfarrer Pahlke ist im Dauerstress

Seit zehn Monaten ist die zweite Pfarrstelle der evangelischen Kirche in Büderich vakant.

Büderich. Ein halbes Dutzend Schulgottesdienste hat Pfarrer Wilfried Pahlke in der vergangenen Woche hinter sich gebracht. In der Karwoche kamen jeden Abend Passionsandachten hinzu, der Karfreitag war natürlich ohnehin vollgepackt mit Terminen. Samstag wartet ab 23 Uhr die Osternacht inklusive sechs Taufen auf ihn. „Da sitzen wir noch bis 5 Uhr morgens zusammen“, erzählt Pahlke, der sich am Ostermontag für eine Woche in den Urlaub verabschiedet.

Den hat er sich redlich verdient, denn seit zehn Monaten muss sich Pahlke quasi zweiteilen. Seit dem Abschied von Yvonne Brunk im Juni vergangenen Jahres ist die zweite Pfarrstelle der evangelischen Kirchengemeinde in Büderich mit Christus- und Bethlehemkirche vakant. Die Wiederbesetzung ist kompliziert, zwei Wahlgänge verliefen bisher ohne das gewünschte Ergebnis. Ohnehin sieht die Personalplanung des Kirchenkreises vor, dass Büderich nur noch 1,5 Stellen erhält, Brunks Nachfolger daher auch andere Aufgaben in der Region übernehmen soll.

Im ersten Wahlgang, in dem die Landeskirche das Besetzungsrecht hatte, konnten sich Pfarrer im Wartestand oder auch Geistliche, die den Wunsch nach einem Wechsel verspürten, bewerben. Es gab vier Kandidaten, doch keiner konnte den vom Presbyterium eingesetzten Pfarrwahl-Ausschuss überzeugen.

Hintergrund: „Wir haben seit fünf Jahren eine gut funktionierende Aufteilung der Arbeitsbereiche in der Gemeinde, die auch in Zukunft beibehalten werden soll“, erklärt Pahlke. Zu Brunks Schwerpunkten zählten neben Familie und Kultur auch der Kindergartenbereich. „Und da macht es wenig Sinn, jemanden einzustellen, der Angst vor Kinder hat“, nennt Pahlke ein anschauliches Beispiel.

Auch viele Krankheitszeiten würden nicht unbedingt für einen Bewerber sprechen. Außerdem: „Wir sind eine lebendige Gemeinde, da muss man schnell umschalten können.“ Zum Beispiel von Gottesdienst im Kindergarten auf Beerdigung. „Dazu ist nicht jeder in der Lage“, weiß Pahlke.

Auch die zweite Ausschreibung brachte nicht den erhofften Erfolg, aktuell läuft die dritte Phase — mit einem entscheidenden Unterschied: „Das Besetzungsrecht hat jetzt die Gemeinde und nicht mehr die Landeskirche. Und das ist auch gut so, denn es gibt keine Beschränkungen mehr und wir können auch selbst auf die Suche gehen“, sagt der Pfarrer. Immerhin drei Bewerber hätten sich bereits nach dem Job erkundigt.

Pahlke ist Realist genug, zu wissen, dass der erste Arbeitstag des neuen Pfarrers kaum vor September oder Oktober sein wird. „Dafür dauert das Bewerbungsverfahren einfach zu lang. Und der oder die Neue kann ja wahrscheinlich auch nicht von heute auf morgen anfangen.“

Dabei lechzt Pahlke geradezu nach Entlastung. Zum einen habe er auch nach 23 Jahren noch den Anspruch, alle Texte für Predigten selbst zu schreiben, Bibelpassagen eventuell auf die heutige Zeit zu projizieren und keine Plagiate zu produzieren. Zum anderen sei es mit den Gottesdiensten ja nicht getan: „Es kommen Konfirmanden- und Religionsunterricht in den Schulen hinzu sowie nicht zuletzt die Beerdigungen inklusive den individuellen Trauergesprächen.“

Bestimmte Bereiche wie der Besuchsdienst, die Erwachsenenbildung oder die Gottesdienste in Kindergärten seien in den vergangenen Monaten zu kurz gekommen oder würden komplett brachliegen. „Ohne die vielen Mitarbeiter der Gemeinde, die Ruhestandspfarrer und vor allem unserer Predigthelferin Birgit Speck hätte ich das alles nicht geschafft“, sagt Pahlke, der als Fan beim Eishockey auftanken kann.

Und da haben ihm die Krefelder Pinguine zuletzt viel Freude bereitet. „Vielleicht reicht es ja dieses Jahr zur Meisterschaft“, schickt der Pfarrer ein kleines Stoßgebet in Richtung Himmel und widmet sich im Anschluss wieder seinem 14-Stunden-Arbeitstag.

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