Stahlhersteller Böhler setzt auf Spezialisten

Die Arbeit bei Böhler hat sich gewandelt: Statt Malocher benötigt das Unternehmen heute Spezialisten.

Büderich. In zwei Jahren feiert Böhler in Büderich 100-jähriges Jubiläum. Wo im März 1914 der erste Spatenstich erfolgte und in der Hochzeit des österreichischen Unternehmens fast 4000 Menschen arbeiteten, sind heute noch knapp 400 Beschäftigte angestellt. Es sind zum Teil hoch qualifizierte Kräfte, wie jetzt auch die Mitglieder der MIT (Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung) erfuhren. Geschäftsführer Frank Dehorn ermöglichte ihnen anlässlich seiner Auszeichnung zum Unternehmer des Jahres eine Betriebsbesichtigung.

Noch rund 45 Prozent des Geländes nutzt das nach der Verschmelzung mit einer schwedischen Gruppe unter dem Namen Böhler-Uddeholm fungierende Unternehmen selbst. Stahlwerk und Schmiede wurden nach der Fusion bereits 1992 geschlossen. Doch die mechanische Bearbeitung des wertvollen Werkzeugstahls, Produktmanagement, Verkauf und technischer Service sind noch in Büderich angesiedelt.

Einer, der über vier Jahrzehnte den Werdegang von Böhler begleitet hat, ist Kurt Naumann. „Als ich bei Böhler anfing, haben hier 120 Menschen gearbeitet, heute sind es drei“, sagt der Leiter Logistik und Bearbeitung mit Blick in eine der riesigen Fertigungshallen, wo gefräst, gebohrt oder geschliffen wird. Alles sei längst SAP-gesteuert, der kleinste Programmierfehler könne Schrott im Wert von mehreren zehntausend Euro produzieren. „Ist vor kurzem erst passiert. Einmal Plus statt Minus in den Computer eingegeben, und alles war innerhalb von einer Sekunde für die Tonne. Da herrschte aber eine Bombenstimmung“, so Naumann.

Im Logistikbereich ist das vollautomatische Hochregallager der Stolz der Böhlerianer. 4500 Kassetten mit Stahlteilen sind hier gestapelt, jede kann bis zu drei Tonnen aufnehmen. „Wir sind auch so etwas wie ein Versandhaus. Innerhalb von 48 Stunden erhält der Kunde konfektioniertes Material“, erklärt Naumann.

Darunter sind Teile für die zivile oder militärische Luftfahrt, aber auch für die Auto-Stoßstange oder die Märklin-Eisenbahn. „Hier lagern rund 17 000 Tonnen Material im Wert von 50 Millionen Euro“, sagt der Bereichsleiter. Zähle man die Logistik für Fremdfirmen wie Thyssen oder Siemens hinzu, seien es sogar mehr als 80 Millionen Euro.

Schwer tue sich das Unternehmen damit, geeigneten Nachwuchs zu finden, obwohl zum Beispiel ein CNC-Fräser heutzutage zwischen 22 und 25 Euro die Stunde verdiene. „Das Problem ist meistens Mathematik, ohne geht’s nicht. Aber wenn einer zehn Prozent von 100 ausrechnen soll und den Taschenrechner zückt, weiß ich gleich, das wird nichts“, sagt Naumann.

Geschäftsführer Frank Dehorn muss sich darüber hinaus auch mit dem Wandel des Standortes in Büderich beschäftigen. Die Vermietung der über 50 Prozent des riesigen Areals an Fremdfirmen ist für ihn zu einer Art Nebenjob geworden. Die MIT hat ihm daher nicht nur eine Trophäe für den Titel Unternehmer des Jahres überreicht, sondern auch ein T-Shirt. Aufschrift: „Bürgermeister von Böhler“.

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