US-Botschafter im Mataré-Gymnasium: So funktioniert US-Wahlkampf

US-Botschafter Philip D. Murphy erzählt im Mataré über seine Heimat.

Büderich. Wo Meerbusch genau liegt, dürfte Philip D. Murphy vor Dienstag nicht gewusst haben. Das US-Konsulat hatte in seiner Einladung dann auch angekündigt, der amerikanische Botschafter würde mit Düsseldorfer Schülern über die anstehende Präsidentschaftswahl diskutieren.

Die rund 150 ausgewählten Schüler des Mataré-Gymnasiums waren am Dienstag trotzdem ebenso stolz wie ihr Schulleiter Jörg Winterwerb, dass der höchste Repräsentant der USA in Deutschland den Weg von Berlin nach Büderich gefunden hatte.

Die Sicherheitsmaßnahmen waren enorm: Polizisten mit Suchhund sowie breitschultrige Bodyguards mit Knopf im Ohr und ausgebeulter Jacke bildeten den Rahmen für den Auftritt des 55-Jährigen.

Der Harvard-Absolvent gab sich ganz so, wie man es von einem Amerikaner erwartet. Obwohl Diplomat, wirkte er eher wie eine Mischung aus Wahlkampfstratege und Wanderprediger: Schnell hatte er sich des Jacketts entledigt und die Ärmel hochgekrempelt.

Immer in Bewegung, gestikulierend und den Blickkontakt suchend, redete der Vater von vier Kindern eine Stunde lang, zumeist frei, buhlte offen um Sympathie und lobte die Jugendlichen nach kurzen Fragen für richtige Antworten: „Fantastic, good job!“ Zur Belohnung gab’s jedes Mal ein Foto mit dem Botschafter.

Murphy ist Obama-Fan, daraus machte er keinen Hehl. Dennoch versuchte der Finanzfachmann und früherer Senior Director bei Goldman Sachs, die Schüler möglichst neutral in die Eigenarten des US-Wahlkampfs einzuweihen. Der Durchschnitts-Amerikaner liebe klar strukturierte Botschaften, und so verpackte Murphy seine Sicht der Dinge in zehn übersichtlichen Thesen.

Eine davon: Ist die Wirtschaft schwach, wird es schwer mit der Wiederwahl. Oder: Wer Ohio gewinnt, gewinnt die gesamte Wahl. Und: Wer in den USA die meisten Stimmen holt, ist noch lange nicht Präsident. „Fragt Al Gore“, fügte er unter Hinweis auf das föderalistische Wahlmann-Prinzip süffisant an. Zur Auflockerung streute Murphy gerne einen Witz ein, fragte aber auch immer wieder besorgt nach, ob alle ihm folgen könnten: „You’re with me?“.

Das konnten die Gymnasiasten durchaus — viele haben ein Auslandsjahr in den USA verbracht — doch außer bei einer kleinen Fragerunde am Ende der Polit-Show war ihr Beitrag nicht eingeplant.

Das machte nichts, denn Murphy war zunehmend in seinem Element und legte noch einmal ausführlich dar, wie sich Wahlkampf in Deutschland und den USA unterschieden: „Könnt ihr euch vorstellen, dass sich Merkel und Steinbrück auf einer Bühne herumhüpfend gegenseitig anschreien?“, fragte er rhetorisch und nannte auch noch die hierzulande unvorstellbare Summe, die der Wahlkampf in seinem Heimatland verschlinge: annähernd sechs Milliarden Dollar.

Doch auch all das viele Geld und eine perfekte Planung könnten einen nicht vor Unvorhergesehenem schützen: Wirbelsturm Sandy sei aktuell Barack Obamas größtes Problem, diese Krisenbewältigung müsse er als Präsident meistern. Murphys abschließender Rat an die Büdericher Schüler: „Geht wählen. Zu Hause zu bleiben, ist in einer Demokratie absolut inakzeptabel.“

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