Älteste Neusserin: „Ich wär’ gern noch mal in Ostpreußen“

Margarete Kuczynski wird 105 Jahre alt. Sie ist die älteste Bürgerin in Neuss.

Neuss. Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, das geteilte Deutschland und schließlich die Berliner Republik. Sechs Währungen, zwei Weltkriege. Wenn Margarete Kuczynski aufzählt, was sie schon alles erlebt hat, gleicht das einem Blick ins Geschichtsbuch.

Die Neusserin feiert heute ihren 105. Geburtstag, sie ist die älteste Bürgerin der Stadt. Seit drei Jahren lebt sie im Seniorenzentrum Heinrich-Grüber-Haus in Weckhoven. Zur Feier des Tages gibt es dort heute Braten mit Salzkartoffeln, Erbsen und Möhren — Margarete Kuczynskis Leibgericht.

„Erst hatte ich eine Wohnung hier. Dann bin ich ins Heim gekommen“, sagt die alte Dame pragmatisch. Doch sie hat Gesellschaft: Nicht nur ihre Mitbewohnerin, mit der sie das Zimmer teilt, sondern auch ihren Sohn.

„Der Herbert, der wohnt auch hier“, sagt Kuczynski und lächelt. „Gleich nebenan.“ Neben dem 80-Jährigen hat die Neusserin drei weitere Söhne: „Konrad, Paul und Kurt“, zählt sie auf. „Der Gerhard war mein ältester Sohn. Er ist schon gestorben.“

Trotzdem: „Mir geht’s ja ganz gut“, sagt sie, wirkt wach und fröhlich, wenn sie erzählt. Nur mit den Ohren sei es nicht mehr so. „Ich kann schlecht hören. Mit 17 hatte ich Typhus. Das ist mir auf die Ohren gegangen“, erinnert sie sich. „Ich hab’ schon viel mitgemacht“, sagt sie dann. „’45 bin ich aus Ostpreußen geflüchtet, übers Eis, mit den Kindern. Das war kalt. Bis Neuss sind wir gekommen.“

Sie überlegt kurz. „Ich wär’ doch gern noch mal in Ostpreußen“, sagt sie dann lächelnd.

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