Bundes-Aktion: Ein Paket mit vielen Fragen

Seit gestern ist das Bildungs- und Teilhabepaket in Kraft.

Neuss. 10 Euro im Monat für den Sportverein oder die Teilnahme am Blockflötenkurs, Finanzierung von Nachhilfestunden, Geld für den Schulbedarf: Seit gestern ist es amtlich. Kinder und Jugendliche haben im Zuge des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaktes Anspruch auf neue Leistungen — rückwirkend zum 1. Januar.

Die ersten Anträge sind bereits im Rathaus eingegangen. Doch dort wie auch beim Kreis sind die Vorbereitungen längst nicht abgeschlossen. Denn hinter dem Angebot für Kinder von Hartz IV-Beziehern und Wohngeldempfängern sowie Empfängern von Kindergeldzuschlag und Sozialhilfe stehen zahlreiche ungelösten Fragen in der Umsetzung. In Kreis und Stadt sei man zwar vorbereitet, heißt es. Aber in der kommenden Woche will man erst einmal gemeinsam die wichtigsten Schritte klären.

8 Millionen Euro wird der Kreis für dieses Jahr aus dem Bundespaket erhalten, sagt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. Welche Stelle welche Anträge bearbeitet und wie die Zahlungsmodalitäten geregelt sind, wie die komplizierte Frage des Datenschutzes zu lösen ist und wer sich mit wem kurzschließen muss, wird diejenigen, die Ansprüche haben, wenig interessieren. Petrauschke sagt jedenfalls: „Wir werden keine neue Verwaltung aufmachen.“

Der Neusser Sozialdezernent Stefan Hahn betont: „Wir müssen das vor Ort lösen. Wir kennen hier die Partner zum Beispiel in den Sportvereinen.“

In Neuss wird es künftig zwei Anlaufstellen geben. Für Kinder von Hartz IV-Empfängern ist das Jobcenter zuständig, die anderen Berechtigten können sich beim Sozialamt melden. Denn Leistungen gibt es nur auf Antrag. Das gilt fürs Fußballtraining wie für den Geigenunterricht, ebenso für den Wunsch nach Nachhilfe. Wer stellt überhaupt den Bedarf fest? Nur eine der vielen ungeklärten Fragen.

Richtig kompliziert wird es beim dritten Teil des Pakets, das die Finanzierung von Mittagessen in Schulen und Kitas regelt. Schon jetzt wird das Essen — bis auf einen Eigenanteil von einem Euro — über Landeszuschüsse („Kein Kind ohne Mahlzeit“) und die der Kommune bezahlt. Finanziert nun der Bund, will das Land seine Zahlungen zum nächsten Schuljahr einstellen. Und auch die Stadt wird diese Leistung dann wohl nicht mehr erbringen. Was für die Eltern der Kinder bedeutet, dass sie nun Anträge stellen müssen. Die Stadt will die Eltern aller Kinder, die bereits jetzt ein Essen bekommen, anschreiben.

Der Kreis der Berechtigten ist groß. Etwa 5300 Kinder kommen aus Hartz IV-Familien, etwa 70 Kinder von Eltern, die Sozialhilfe beziehen, sowie 2000 Jungen und Mädchen von Wohngeldempfängern. Stefan Hahn verspricht, bereits jetzt gestellte Anträge würden unbürokratisch bearbeitet. Insgesamt aber erwartet er einen hohen Verwaltungsaufwand. „Das ist doch bedauerlich: dass wirklich gute und richtige Leistungen nur in einem Wust von Bürokratie umzusetzen sind.“

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