Clemens-Sels-Museum: Ausstellung zeigt die Geschichte des Altbiers

Ab Sonntag erfahren Besucher im Clemens-Sels-Museum alles über die Geschichte des Altbiers.

Neuss. Mit der Eröffnung der Ausstellung „Als das Altbier noch jung war“ im Clemens-Sels-Museum am Sonntag um 11.30 Uhr fällt der Startschuss für einen Veranstaltungsreigen, an dem sich bis April kommenden Jahres am Niederrhein und im niederländischen Limburg 50 Museen und andere Einrichtungen beteiligen. Im Mittelpunkt steht dabei immer das Alt.

„Es ist der Appetithappen und gleichzeitig der Abschluss eines Projekts, das von Neuss aus viele begeistern konnte“, sagt Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz. Wer hat das Altbier erfunden, oder wie alt ist das Alt überhaupt? Solche Fragen werden in der „Überblicks-ausstellung“ in Neuss zum Auftakt beantwortet. Auch für Husmeier-Schirlitz war darunter einiges Überraschende: „Etwa, dass es im 14. Jahrhundert überproportional viele Frauen unter den Bierbrauern gab.“

Zu verdanken hat sie derartige Erkenntnisse Carl Pause, der vor zwei Jahren für die Initialzündung sorgte. „Jeder verbindet hier mit dem Altbier bestimmte Assoziationen — von der Kindheit bis zum Neusser Schützenfest“, sagt der Kurator. Als er die Idee hatte, sich dem Thema zu nähern, sei die Begeisterung wie ein Schneeballsystem schnell auch auf andere Kultureinrichtungen übergeschwappt.

Die Geschichte des obergärigen Altbiers, das bei einer Temperatur von 18 Grad gebraut wird (untergäriges Pils: 6 Grad) beginnt im Mittelalter. Das erste Ausstellungsstück im Sels-Museum ist jedoch eine Tonscherbe aus der Römerzeit mit der aus Asterix-Comics bestens bekannten Aufschrift „Cervisia“.

Der Bierherstellung in Braukesseln aus dem 18. Jahrhundert bis zu moderneren Flaschenabfüllanlagen ist eine Abteilung gewidmet. Spannend wird es, wenn Pause über die frühe Geschichte des Bierbrauens erzählt, als es noch kein Reinheitsgebot gab und man statt Hopfen eine Kräutermixtur aus Anis, Kümmel, Wacholder und dem kaum noch zu findenden Gagel verwendete. „Bier galt früher als Grundnahrungsmittel, wurde zum Frühstück oder in Hospitälern an Arme ausgeschenkt“, so Pause. Daher stamme auch der Ausdruck „flüssiges Brot“.

Einen Raum weiter kommt der Besucher in die Konsum-Abteilung. Vom Stammtisch über die Kegelbahn bis zu einem aus dem Jahr 1901 stammenden Tresen des Krefelder Wirtshauses „Em Kontörke“ trifft der Freund von Gaststättenbesuchen hier auf Altbekanntes. „Die Kneipe war immer der zentrale Ort des geselligen Lebens“, erzählt Pause. Da es keine Kühlschränke gab, musste das Bier aus der Kneipe abgeholt werden. Das tat oft genug der Nachwuchs, dem durch ein Fensterchen das edle Gesöff in einen mitgebrachten Krug gefüllt wurde.

Eine eigene Abteilung erhält die Brauereigeschichte des Altbiers — von Bolten (1519) über Dom (1607) bis hin zu noch nicht so lange ausgestorbenen Marken wie Tivoli oder Rhenania. Einen Schritt zurück macht Pause mit der Thematisierung der Suchtgefahr: „Im Mittelalter galt ein Vertrag erst als gültig, wenn beide Partner besoffen unter dem Tisch lagen.“ Ansätze der sozialen Ächtung habe es nicht gegeben, Bier sei sogar als die gesunde Alternative zum Schnaps angepriesen worden.

Über eine kleine Galerie mit Karikaturen von Wilfried Küfen gelangt die Ausstellung abschließend zu einer Glaubensfrage: Alt oder Kölsch? Am Niederrhein gilt schon die Frage als Frevel.

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