Drastische Strafen für Jugendliche

Die 15 bis 20 Jahre alten Angeklagten beraubten Senioren in ihren Häusern.

Neuss. Eine „menschenverachtende und brutale“ Vorgehensweise bescheinigte der Vorsitzende Richter Heiner Cöllen am Freitag am Amtsgericht sechs Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 Jahren. Sie hatten zwischen August 2011 und Januar 2012 zwei Ehepaare in ihren Häusern sowie vier Supermärkte überfallen und ausgeraubt. Zudem brachen sie in zwei Wohnungen ein. Am ersten Verhandlungstag vor einer Woche hatten sie ihre Taten gestanden.

Bei der Urteilsverkündung sprach das Schöffengericht am Freitag drastische Strafen aus. Die beiden Hauptangeklagten C. und B. erhielten Jugendhaftstrafen von vier Jahren und zehn Monaten beziehungsweise drei Jahren und zehn Monaten. Sie waren an der Mehrzahl der Überfälle beteiligt. Die übrigen vier Angeklagten erhielten jeweils Jugendhaftstrafen von mehr als zwei Jahren. „Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Das gilt auch, wenn die Täter jung sind“, sagte der Vorsitzende. Es handele sich bei den Jugendlichen aufgrund der Art ihrer Verbrechen um Schwerkriminelle.

Die Polizei kam den Jugendlichen, die sich nach dem gleichnamigen Gangsterfilm „Chiko“ nannten, nach einem Streit in einem Linienbus auf die Spur. Bei dieser Auseinandersetzung bedrohte einer von ihnen einen Fahrgast mit einer Luftdruckpistole. Das wurde auf Video aufgezeichnet.

Vor der Urteilsverkündung berichteten Angestellte der ausgeraubten Supermärkte von den Überfällen. Eine Kassiererin gab an, nicht mehr arbeitsfähig zu sein und sich in psychologischer Behandlung zu befinden. Eine andere Frau kann abends nicht mehr an der Kasse sitzen. Beide brachen bei ihrer Vernehmung in Tränen aus. Dauerhaft geschädigt bleibt ein 87 Jahre alter Neusser, den die Gruppe in seinem Haus überfallen hatte. Er wird seine Arme nie wieder vollständig heben können und leidet unter dauerhaften Schmerzen an den Schultern. „Daran lässt sich erkennen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigungen bei den Opfern sind“, sagte der Vorsitzende.

Die Anwälte verwiesen zum Teil auf schwierige familiäre Verhältnisse einiger Jugendlicher. Das ließ der Vorsitzende Richter nicht gelten: „Mag ein Werdegang noch so desaströs sein, zwischen Gut und Böse kann ein Mensch trotzdem unterscheiden.“

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