Ein heikles Bau-Projekt

Rat entscheidet über Grundstücksverkauf. Rechtliche Risiken beim Bau der geplanten Wohnhäuser.

Neuss. Schön ist das wahrhaftig nicht. Seit mehr als sechs Jahren passieren Besucher der Innenstadt an der Quirinusstraße, im Schatten des Münsters, die verwaisten Gebäude der früheren Münsterschule.

Nach dem Willen der Stadt wird dort ein Investor Wohnhäuser errichten. Mit Sorge sehen das die Hafen-Unternehmen auf der anderen Seite des Hafenbeckens: Sie fürchten um ihre Entwicklungsmöglichkeiten, wenn erst einmal schutzwürdige Wohnbebauung entstanden ist. In wenigen Wochen könnte sich der Konflikt wieder einmal zuspitzen.

Im Zuge eines komplizierten europaweiten Ausschreibungsverfahrens hatte die Kontrola Treuhandgesellschaft mit einem Entwurf des Neusser Architekten Horst Hanrath den Zuschlag erhalten. Für das 2750 Quadratmeter große Gelände war ein Kaufpreis von einer Million Euro zu zahlen.

Diese Entscheidung fiel im Sommer 2010. Im Dezember, zweieinhalb Jahre später, hätte der Rat den Kaufvertrag mit einer Summe von 900 000 Euro absegnen sollen. Er vertagte das auf die Februar-Sitzung. Dazwischen ist viel geschehen — mit dem Ergebnis, dass nichts passiert ist.

Heikel ist die Wohnbebauung an dieser Stelle. Einen Bebauungsplan gibt es nicht, die Pläne haben sich — entsprechend § 34 — an die umliegende Innenstadtbebauung anzupassen.

An diesem Projekt ist alles kompliziert und das meiste umstritten Das beginnt mit dem Abriss der Münsterschule. Dass der Investor auch die Kosten für den Teil der Gebäude übernehmen muss, der auf dem städtischen Restgrundstück liegt, führte zu Irritationen. Außerdem ist jetzt klar, dass wegen der Nähe zum Quirinusmünster und anderer Baudenkmäler besonders erschütterungsarm gearbeitet werden muss — das ergibt Mehrkosten.

Der große Knackpunkt aber ist die Lärmbelastung. Als ein Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass der Immissionsrichtwert von 45 db (A) nachts entlang der Batteriestraße überschritten würde, war „das Vertrauen des Investors in die Realisierbarkeit des Vorhabens erschüttert“, wie es in einer nicht-öffentlichen Drucksache heißt.

Kontrola will nun passiven Schallschutz und „architektonische Selbsthilfe“ dagegensetzen. Das könnten etwa nicht zu öffnende Fenster hin zur Hafenseite oder der Verzicht auf besonders schutzbedürftige Räume an den lärmvorbelasteten Fassaden hin zur Hafenseite sein. Attraktiver werden die Wohnungen damit nicht, und außerdem ist rechtlich umstritten, ob diese Maßnahmen ausreichen.

Zudem bleibt die Frage, ob die Hafenbetriebe nach Erteilung einer Baugenehmigung dagegen klagen werden; überraschen würde das im Rathaus nicht. Mit der Reduzierung des Kaufpreises um 100 000 Euro will die Verwaltung nun dieses Risiko auf den Investor übertragen. Wie der Rat entscheiden wird, ist offen. Der Investor jedenfalls würde den Vertrag kurzfristig notariell beurkunden, so die Verwaltung. Dann setzt auch eine Frist ein: Innerhalb von drei Jahren müssen die neuen Häuser stehen . . .

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