Eine heiße Parade für den König

Bei Temperaturen weit über 30 Grad war bei der glanzvollen Parade für König Markus I. Reipen Durchhaltevermögen gefragt.

Neuss. Wasser statt Altbier. Angesichts von Temperaturen weit über 30 Grad war gestern am zweiten Schützenfest-Tag das Trinken besonders wichtig, doch vor allem alkoholfreie Getränke waren gefragt. Selbst das strenge Komitee hatte sich reichlich Wasserflaschen hinter das Podium bereitstellen lassen. Dennoch war einigen der Honoratioren die Strapaze anzusehen, als sie nach der glanzvollen, von der Sonne überstrahlten, Parade für König Markus I. Reipen das Zeughaus zum Königsmahl betraten. Der König war beim Empfang im Rathaus vor Beginn der Parade voller Vorfreude: „Wenn das erste Korps anfängt zu spielen, dann kommt die Gänsehaut. Ich habe mir einfach vorgenommen, Spaß und Freude zu haben.“ Und so kam es auch — trotz der Hitze.

Nach seiner letzten Parade als Bürgermeister war Herbert Napp durchgeschwitzt. „Das war sehr, sehr hart“, gab der scheidende Rathaus-Chef zu. Oberst Heiner Sandmann fiel aus seiner 15-jährigen Amtszeit nur ein Vergleich ein: „In meinem ersten Jahr als Regimentschef war es noch heißer.“ Das war 2001; Hans-Josef Uhr war damals König, und die Thermometer schnellten auf Rekordhöhen von 38 Grad. So endet Sandmanns Zeit als Oberst wie sie begonnen hatte — mit einer wahren Hitzeschlacht. Darunter litten auch die Zuschauer. Mehrmals mussten Rettungssanitäter gerufen werden, weil Menschen zu wenig getrunken hatten und kollabierten. Die Auswirkungen bekamen die Krankenhäuser zu spüren. „Allein nach dem Nachmittagsumzug mussten rund 20 Schützen ambulant behandelt werden“, sagte Ulla Dahmen, Sprecherin des Lukaskrankenhauses am Abend.

Offiziell waren gestern nur zwei sogenannte einmalige Ehrengäste zur Königsparade geladen. Rainer Maria Woelki, der Erzbischof von Köln, und der französische Botschafter in Berlin, Philippe Étienne. Doch weit mehr Prominenz reihte sich bei den Schützen ein und schaute auch einmal beim Empfang im Rathaus vorbei. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Landrat Hans-Jürgen Petrauschke war mit Kreisdirektor Dirk Brügge, der seine erste Neusser Parade erlebte, gekommen. Auch Landtagsabgeordneter Reiner Breuer mischte sich unter die Gäste, ebenso Thomas Geisel. Düsseldorfs Oberbürgermeisters marschierte wie im Vorjahr im Grenadierzug „Nüss Globetrotters“ mit. Vom Neusser Schützenbazillus befallen scheint Sir Simon McDonald. Als britischer Botschafter war er im vergangenen Jahr Ehrengast des Festes. Jetzt reiste er erneut an, um in der alten Uniform von Komitee-Mitglied Martin Flecken als Gastmarschierer im Schützenlustzug „Nur so“ das Schützenfest an der Basis als „einfacher Marschierer“ zu erleben. So paradierte er an der Tribüne vorbei, auf der er tags zuvor — gemeinsam mit dem französischen Botschafter Philippe Étienne die Revellie, den Weckruf aller Tambourkorps, erlebt hatte.

Ein Rekordregiment von rund 7700 Schützen und Musikern sowie die große Hitze forderten ihren Tribut: die Parade dauerte länger als geplant. Als Thomas Vogel und Herbert Breidenbach die WDR-Liveübertragung um 13.58 Uhr beendeten, warteten Scheibenschützen, Artillerie und Reiter noch auf ihren Auftritt. „Schade“, ärgerte sich das Duo, das erstmals im Übertragungswagen auf dem Freithof saß. Der WDR hatte aus Kostengründen auf eine Sprecherkabine auf dem Markt verzichtet. Eine feine Premiere feierte die neue Gildespitze. Major Stefan Schomburg und Adjutant Sascha Karbowiak nahmen später verdiente Gratulationen entgegen. Zu den Pechvögeln des Tages zählte der erfahrene Ralf Linnartz. Der dienstälteste Tambourmajor im Regiment, ansonsten ein sicherer Fänger, verpasste nach einem Stabwurf seinen fallenden Küs. Das kleine Malheur des Vollblutmusikers war der größte Zwischenfall einer sehenswerten Parade. Das ist angesichts der Hitze eine gute Nachricht.

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