Entwarnung bei Brustimplantaten aus Neuss

In den Neusser Kliniken sind keine Produkte der Firma PIP implantiert worden.

Neuss. Das Brustzentrum des Rhein-Kreises Neuss hat einen neuen Patiententypen bekommen. Eigentlich werden in den Frauenkliniken des Neusser Johanna-Etienne-Krankenhauses und des Kreiskrankenhauses Grevenbroich St. Elisabeth Patientinnen mit Brustkrebs behandelt. Seit dem Qualitätskandal der französischen Herstellerfirma Poly Implant Prothèse (PIP) untersucht das Team von Chefarzt Dr. Matthias Korell Patientinnen, die sich Sorgen um ihre Brustimplantate machen.

Erst am Montag war eine Patientin im Brustzentrum: Sie hat vor Jahren Brustimplantate von einem Arzt eingesetzt bekommen, es gibt keine Dokumentation, der Arzt hat seine Praxis in der Zwischenzeit geschlossen. Die Frau ist verunsichert, denn die Produkte der Firma PIP sind von minderer Qualität und können, wenn sie aufplatzen, krebserregende Stoffe im Körper freisetzen.

Zehn solcher Fälle hat das Team des Brustzentrums schon behandelt: „Die Patientinnen verkraften die Unwissenheit psychologisch nicht, viele wollen die Implantate entfernen lassen“, sagt Korell. Mit Ultraschall und Magnetresonanztomographie kann Korell herausfinden, ob das Implantat gerissen ist.

„Wer verunsichert ist, kann sich bei uns beraten lassen und bekommt schnell einen Termin“, sagt Korell. Generell müsse die Untersuchung, selbst wenn Implantate der Firma PIP verpflanzt wurden, nicht innerhalb weniger Tage erfolgen: „Das sind keine Zeitbomben. Wenn nichts aufplatzt, ist es wenig gefährlich“, sagt Korell.

Für sein eigenes Haus gibt er Entwarnung. Über hundert Implantate setzt sein Team den Patientinnen jedes Jahr ein, die meisten nach Brustkrebsoperationen. „Wir haben zum Glück keine Produkte von PIP verwendet. Wir haben über Jahre gute Verbindungen zu soliden Anbietern.“

Entwarnung gibt es auch im Neusser Lukaskrankenhaus. Hier werden zwar keine Brustimplantate eingesetzt, dafür aber Hodenprothesen. Auch diese Prothesen stellte die Firma PIP her, sie werden Männern nach Hodenkrebsoperationen oder Unfällen implantiert. „Im Rahmen unserer Recherchen können wir eine Verwendung der Implantate definitiv ausschließen“, sagt Prof. Thomas Otto, Chefarzt der Urologischen Klinik im Lukaskrankenhaus.

Aufgrund der Gefahr durch das Material ist Otto für eine Entfernung der eingesetzten PIP-Prothesen bei den betroffenen Patienten. Gleiches empfiehlt Korell: „Bisher gab es kein Implantat von PIP, das nicht schadhaft war.“

Korell kritisiert in diesem Zusammenhang die Fachgesellschaften: „Wir haben das sehr spät mitbekommen, die Informationen an uns und an die Politik flossen sehr schleppend.“

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