Gericht: Heimtückischer Angriff auf wehrloses Opfer im Jobcenter

Geständiger Angeklagter zu lebenslanger Haft verurteilt. Revision angekündigt.

Neuss/Düsseldorf. Ein halbes Jahr nach der tödlichen Messerattacke auf die Jobcenter-Mitarbeiterin hat das Landgericht Düsseldorf den 52-jährigen Ahmet S. wegen heimtückischen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der geständige Angeklagte habe bei dem Messerangriff den Tod seines wehrlosen Opfers „zumindest billigend in Kauf genommen“, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees.

Die Düsseldorfer Strafkammer sah als erwiesen an, dass der Angeklagte Ahmed S. die Angestellte am 26. September in deren Büro mit einem Fleischermesser erstochen hatte. Sein Motiv hatte Fassungslosigkeit ausgelöst: Er gab an, er habe das Jobcenter verdächtigt, mit seinen Daten Missbrauch zu treiben. In dem Verfahren stuften zwei Gutachter ihn als schuldfähig ein.

Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dagegen hatten die Verteidiger auf eine Freiheitsstrafe von höchstens 15 Jahren plädiert. Sie bezweifeln, dass ihr Mandant den Mord geplant hatte, und haben Revision angekündigt.

Der Marokkaner S., der 2000 nach Deutschland kam und nur gebrochen Deutsch spricht, nahm das Urteil ohne äußerliche Gefühlsregung entgegen. Nach Überzeugung der Richter hatte sich der geschiedene Vater von fünf Kindern am Tattag mit zwei Messern bewaffnet auf den Weg zum Jobcenter gemacht.

Er wollte einen Berater wegen einer Datenschutzerklärung zur Rede stellen, die S. auf Anraten des Arbeitsvermittlers zuvor unterschrieben hatte. Nach seiner Unterschrift hatte S. eine Sendung über möglichen Datenmissbrauch durch Meldebehörden gesehen. Als S. den Berater im Jobcenter nicht antraf, brachte er dem Gericht zufolge die 32-jährige Sachbearbeiterin in deren Dienstzimmer um.

Beim ersten Stich sei die Klinge eines der beiden Messer abgebrochen, sagte der Vorsitzende Richter. Daraufhin habe S. zu dem anderen Messer gegriffen und mehrfach auf die verheiratete Mutter eines Sohnes eingestochen. Ein Stich mit dem 30 Zentimeter langen Fleischermesser sei so heftig gewesen, dass die Klinge am Rücken der Frau wieder ausgetreten sei. Das Opfer war arglos, betonte der Richter. S. habe somit heimtückisch gehandelt. Auch sei er für seine Tat „strafrechtlich voll verantwortlich“. Nach der Bluttat war der 52-Jährige nahe des Jobcenters auf der Straße von Polizisten festgenommen worden. Zeugenaussagen zufolge hatte er das Messer noch in der Hand.

Der Mord hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst und eine große Debatte über die Sicherheitsvorkehrungen in Arbeitsvermittlungen und Behörden in Gang gesetzt. Die Sicherheitskonzepte in Arbeitsagenturen wurden überprüft, um Gefahren für die Beschäftigten soweit möglich einzudämmen. Red

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