Geschichtswettbewerb: Die „Waffe des Bürgers“ erforscht

Drei MCG-Schüler sind mit Arbeit über Bürgerentscheid in Berlin vertreten.

Neuss. Am 18. November ist Termin im Berliner Schloss Bellevue: Preisverleihung in der Endrunde des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten. Vielleicht sind Janina Bernardy, Kalle Goß und Patrick Reinhardt dann dabei.

Den Landespreis haben sie bereits erhalten. Die drei 16-Jährigen vom Marie-Curie-Gymnasium konnten die Juroren mit ihrer Arbeit „Die neue Waffe des Bürgers“ überzeugen.

Aufgearbeitet hat das Trio den Bürgerentscheid gegen das Stadthallen-Hotel von 1995 — den ersten in NRW. Das passte zum vorgegebenen Thema „Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte“, das war für die jungen Forscher zudem hochspannend: Gerade liefen die Proteste in Stuttgart, Parallelen im Bürgerprotest waren offenkundig.

Begleitet von ihrem Lateinlehrer Michael Kahlki, der am MCG nicht zum erstenmal ein Schülerteam in diesem renommierten Wettbewerb begleitete, machten sich die Jugendlichen ans Werk.

Fündig wurden sie im Stadtarchiv, stöberten in Ratsprotokollen und Zeitungsbänden, lasen Schreiben und Gutachten. Enttäuscht waren sie allerdings von der schwachen Resonanz auf ihre Anfragen an Politiker. Nur die Grünen, so berichtet Patrick Reinhardt, hätten schnell und umfassend reagiert.

Auf 33 Seiten stellen die Schüler die Geschichte des Streits um das Stadthallen-Hotel dar. Ein Thema, das vor 16 Jahren die Stadt bewegte: Die Zahl der Gegner war groß. Erstmals gab ihnen das neue Instrument des Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids die Möglichkeit, unmittelbar in die Ratsentscheidung einzugreifen.

Sie sammelten Unterschriften, erzwangen den Bürgerentscheid, die Abstimmung über das Projekt — und scheiterten: Das Quorum, die Mindestzahl der Beteiligten, war knapp verfehlt. Der Rat hatte sich schwergetan, mit dem neuen Instrument des Bürgerwillens umzugehen.

Und wo war der Skandal? Die Schüler stellen nicht nur die Ereignisse des Jahres 1995 dar, sie versuchen sich auch an einer Einordnung: „Aus heutiger Sicht sind wir jedoch der Meinung, dass der Skandal vielmehr in der Durchführung des Bürgerentscheids zu finden ist als in dem Bau des Hotels, den die Bürger als skandalöses Ereignis bezeichneten“, so Fazit der jungen Forscher.

Und weiter: „Für die Durchführung gab es keine gesetzlichen Vorgaben, so dass durch den Rat, in dem die CDU als Befürworter des Hotelbaus die Mehrheit innehatte, erschwerte Bedingungen für den Bürgerentscheid geschaffen wurden.“

So gab es im Stadtgebiet nur 30 anstelle der sonst üblichen 120 Wahllokale. Heftig debattierte der Rat auch die Frage der Briefwahl, doch wurde nicht geklärt, wie die Kosten gedeckt werden sollten. Zur Verwirrung trug schließlich die Fragestellung bei: „Das Hotel an der Stadthalle wird nicht gebaut. (Ja/Nein).“

Die drei Schüler verweisen auf die Empörung der Neusser darüber, dass man sie nicht von Beginn an in die Diskussion um die Stadthalle einbezogen habe. „An dieser Stelle ist deutlich zu erkennen, wie sehr ein Skandal, in diesem Falle das völlige Außerachtlassen der Meinung der Bürger, mit moralischen Wertvorstellungen zusammenhängt, so dass sich die Hotelgegner nach dem Bürgerentscheid unserer Ansicht nach völlig zurecht als „moralische Sieger“ bezeichneten.“

Seit der Neusser Initiative von 1995 hat es übrigens mehr als 500 Bürgerbegehren in NRW gegeben, 158 Mal kam es zu einem Bürgerentscheid.

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