Hendrik (13) sitzt für Deutschland im Sattel

Seit er neun Jahre alt ist, verbringt Hendrik Tillmann täglich viele Stunden auf dem Pferderücken. Jetzt gehört er dem Bundeskader für junge Springreiter an.

Neuss. Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Seit Kindesbeinen ist Hendrik von Pferden umgeben — doch statt in den Sattel zog es ihn auf den Fußballplatz.

„Als er neun wurde, haben wir ihm sein erstes Pony geschenkt“, erinnert sich Michaela Tillmann, Hendriks Mutter, die mit Ehemann Karl-Heinz den Reitstall Haus Vogelsang in Neuss leitet, ein Familienbetrieb. „Da hat er schnell gemerkt, dass mehr Mädchen am Reitplatz stehen als am Fußballfeld“, sagt sie lachend.

Seitdem wird der Fußball nur noch sporadisch herausgeholt, der Griff geht stattdessen mehrmals täglich zu Trense und Sattel. „Er verbringt mehr Zeit mit den Pferden als mit allem anderen“, erzählt die stolze Mutter.

Insgesamt acht Pferde reitet Hendrik, drei pro Tag — ein straffes Programm nach Schulschluss. Einen Favoriten unter den Vierbeinern hat er nicht. „Das ist, als würde man eine Mutter nach ihrem Lieblingskind fragen“, sagt er mit ernstem Gesicht, und in seiner Stimme schwingt ein Hauch Empörung mit.

Nicht nur in seiner Einstellung wirkt der 13-Jährige bereits wie ein Großer. Auch im Umgang mit „Meness“, „Avanti“ und seinen anderen tierischen Sportpartnern bewegt er sich ruhig und souverän, der Blick ist stets konzentriert — auch, als „Avanti“ im Training nervös wird. Hendrik wendet vor dem Hindernis ab und versucht es erneut.

„Schön. Am Sprung ist das Pony fantastisch“, lobt Karl-Heinz Tillmann, nicht nur Vater und Trainer des jungen Talents, sondern auch sein Vorbild. „Avanti macht sich zwischen den Hindernissen immer sehr stark“, sagt Hendrik und klopft beruhigend den Hals des Pferdes.

Das Ergebnis von Ehrgeiz und Talent: Die ersten Turniere hat Hendrik bereits als Kind hinter sich gebracht; im vergangenen Monat hat er sein erstes Springen der schweren Klasse absolviert. „Ich hatte einen Abwurf, sonst wäre eine Platzierung drin gewesen“, sagt der junge Reiter.

Noch kaum ein Teen- ager, gehört er seit kurzem dem Bundeskader Children an — eine neue Altersklasse für Springreiter zwischen zwölf und 14 Jahren, die nicht auf Ponys, sondern auf Großpferden starten.

Momentan laufen die Sichtungsturniere für die Europameisterschaft. Nach dem ersten in Mannheim steht in anderthalb Wochen das zweite Turnier in Warendorf an, bevor die EM vom 4. bis 10. Juli im portugiesischen Comporta stattfindet. Die Größe des Children-Starterfelds: mehr als 70 junge Reiter aus fast 20 Nationen.

Dass der Reitsport mehr als ein Hobby ist, steht für Hendrik bereits jetzt fest. Nach der Schule will er die Sportschule der Bundeswehr besuchen. „Später würde ich gerne mit Freunden einen eigenen Reitstall aufmachen — einen großen, internationalen.“

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