In diesen Fahrgeschäften schlägt das Herz bis zum Hals

Mit einem Pulsmessgerät ausgestattet sucht Laura Ihme auf der Kirmes den Adrenalin-Kick. Ein Selbstversuch mit Herzrasen-Garantie.

Neuss. Was mache ich hier und wie bin ich in diese Lage geraten? Diese Fragen stelle ich mir oft in brenzligen Situationen. Dabei bedeutet „brenzlig“ dieses Mal, in 62 Metern Höhe gefangen zu sein in einer sich drehenden Gondel des wohl schlimmsten Fahrgeschäfts auf der Neusser Kirmes. Unten, auf dem sicheren Boden, steigen gerade neue Fahrgäste in die andere Gondel ein, während meine hier oben warten muss. Als seien die vergangenen Minuten mit den unzähligen Überschlägen nicht schon schlimm genug gewesen. Auch ohne meinen Puls zu messen, spüre ich: Der „Flasher“ bereitet mir Herzrasen.

Und genau das ist meine Mission für heute: Herauszufinden, wo der Adrenalin-Kick auf der Kirmes am größten ist. Hilfsmittel ist mir dabei ein Pulsmessgerät, auf dem ich genau überwache, wie mein Herzschlag sich auf den Attraktionen verändert. Schnell stelle ich fest, dass es nicht zwingend hoch hinaus gehen muss, damit mein völlig durchschnittlicher Ruhepuls von 75 Schlägen pro Minute in die Höhe steigt. Dafür reichen schon ein paar Gespenster. Denn schon bevor der Wagen der Geisterbahn „Daemonium“ losfährt, zeigt mein Messgerät einen Puls von 130 an. Kaum losgefahren, lauert mir und meinen Mitfahrern schon der erste Erschrecker auf, ein Mann ohne Gesicht aber mit Kettensäge. Ich habe Angst. Aber mein Puls ist merkwürdigerweise leicht gesunken, das Messgerät zeigt nur noch 125 an. Vielleicht hat mein Körper ja schon aufgegeben. Ich gehe sonst nie auf die Geisterbahn. Das liegt daran, dass ich zu viel Fantasie habe, um zu realisieren, dass alles nur Show ist. Außerdem habe ich Angst davor, erschreckt zu werden. Das wiederum scheinen Erschrecker spüren zu können, denn sie suchen immer mich als Opfer aus. Ein Puls von maximal 140 Schlägen pro Minute ist das Resultat der dreiminütigen Horrorfahrt.

Zeit für etwas Beruhigung — ich wähle den „Commander“ als nächstes Testobjekt. Er funktioniert in etwa so, wie der berühmte Break Dancer, nur, dass man sich sogar noch überschlägt. „Warste schon auf dem Flasher?“, fragt der Ansager. Ich nicke. „Das hier ist schlimmer.“ Herzlichen Dank, damit steigt mein Puls wieder auf 130. Als es dann losgeht, weiß ich nicht mehr, wo oben und unten ist, so schnell dreht sich der „Commander“. Fühlt sich ein bisschen wie ein Autounfall an. Ich rufe nach meiner Mama — hört aber keiner, die Musik ist zu laut. Am Ende liegt der Puls wieder bei 140.

Zum Schluss teste ich einen Klassiker, das Kettenkarussell „Wellenflug“. Das ist bestimmt nicht schlimm, denke ich mir, und habe recht: Zwar hat sich mein Puls noch nicht ganz beruhigt und liegt bei 100, ich fühle mich aber wesentlich wohler als auf den Fahrgeschäften davor. Ich werde sogar mutig und strecke meine Arme weit aus, ganz so, als würde ich fliegen. Das macht man offensichtlich so, wenn man die Fahrt genießt, denn ich schaue mir diese Ballerina-Figur von meinen Mitfahrern ab. Mein Puls steigt noch mal auf 115. Mit diesem Ergebnis reicht der „Wellenflug“ jedoch nicht an die Fahrt mit dem „Flasher“ heran: Als ich wieder am Boden bin, zeigt das Messgerät hier einen Puls von 150 an. Was für ein Gefühl.

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