Keine Beschneidung mehr im Neusser Krankenhaus

Bis zur Klärung der Rechtslage gibt es nur Eingriffe aus medizinischen Gründen.

Neuss. Nach dem Urteil des Kölner Landgerichts ist eine breite Diskussion losgebrochen: Ist die Beschneidung von Kindern und Säuglingen, wie sie im Islam und Judentum praktiziert wird, Körperverletzung und strafbar?

Während in den Feuilletons Befürworter und Gegner des Urteils die Argumente tauschen, Vertreter der beiden Religionsgemeinschaften fassungslos bis empört reagieren und die Politiker auf eine gesetzliche Regelung drängen, bleiben die Ärzte nach diesem Einzelfall-Urteil derzeit eher ratlos zurück.

Am Lukaskrankenhaus hat man auf das Urteil reagiert. Vorerst, sagt Professor Dr. Thomas Otto, Chefarzt der Urologie, werden keine Beschneidungen aus religiösen Gründen mehr vorgenommen.

Damit richte sich das Krankenhaus nach einer eindeutigen Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Urologie. „Dort wird dringend von diesen Eingriffen abgeraten, bis die Rechtslage geklärt ist“, sagt Otto.

Am Lukaskrankenhaus werden Beschneidungen vor allem aus medizinischen Gründen vorgenommen. Muslime hätten für ihre Söhne nur in überschaubarer Anzahl um die rituellen Beschneidung gebeten, berichtet Otto.

Jüdische Eltern — die ihr Kind in den ersten acht Tagen nach der Geburt beschneiden lassen — seien in den acht Jahren, in denen er am Lukas tätig sei, gar nicht gekommen Oft werde von einem kundigen Rabbi oder einem jüdischen Arzt beschnitten.

Grundsätzlich ist es für Thomas Otto selbstverständlich, den Glauben zu akzeptieren, der die Beschneidung vorgibt. Allerdings: Der Eingriff müsse unbedingt unter Narkose stattfinden, „denn das tut einfach schweineweh“, sagt der Urologe. Im Lukas erhielten die Kinder alle eine kurze Vollnarkose.

Der Urologe hofft, dass für Beschneidungen aus religiösen Gründen nun Rechtsklarheit geschaffen wird. „Ein Kind gehört bei einem solchen Eingriff einfach in die richtigen Hände“, sagt er.

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