Kinder bauen sich ein Neuss nach ihren Wünschen

Auf dem Vorplatz der Alten Post ist die „Wunschstadt“ fertig. Dezernent Hölters hat sie angesehen.

Neuss. Mittags in der Innenstadt. Der Platz liegt in der Sonne. Es ist sehr heiß. Dennoch trägt Planungsdezernent Christoph Hölters einen Anzug. Seine Gesprächspartner dagegen tanzen Limbo unter dem Sprüh-Strahl aus dem Wasserschlauch und sind entschieden lockerer gekleidet. Mag Hölters auch den dringenden Wunsch verspüren, es ihnen gleichzutun: Nur kurzfristig legt er das Jackett ab — nachdem er schon eine gute Viertelstunde lang in praller Sonne Rede und Antwort gestanden hat.

Seine Gesprächspartner haben ihm viele Anregungen wie auch Kritikpunkte entgegengebracht. Zwischen acht und zwölf Jahre sind die Kinder alt, die in den vergangenen vier Tagen auf dem Vorplatz der Alten Post ihre „Wunschstadt“ gebaut haben und nun dem obersten Stadtplaner zeigen und sagen wollen, wie und warum die so aussieht: mit Bergen und Seilbahn, mit einem See, mit Zoo, mit Kirche und Friedhof, mit Krankenhaus und Feuerwehr, mit Spiel- und Sportplätzen. Gewohnt wird überall dazwischen und gearbeitet auch. Dafür wurde auch eine Fabrik in den riesigen Sandkasten gesetzt. Nur eine Schule fehlt: „Ist nicht so wichtig“, sagen die Kinderarchitekten und lachen.

Die Kinder haben aber nicht nur Spaß am Bauen und Planen, sondern auch vorher genau beredet, was eine Stadt, in der sie gerne leben wollen, ausmachen soll. Die „Wunschstadt“ ist ein Projekt des Fördervereins der Alten Post, wird von den Künstlern Heribert Münch (Maler und Bildhauer) und Sibyll Rautenberg (Künstlerin, Medien- und Tanzpädagogin) mit Hilfe von drei Assistentinnen geleitet. 30 Kinder haben an der „Wunschstadt“ aus Ton mitgebaut — nicht nur Hölters, sondern auch der Fördervereinsvorsitzende Ron Brinitzer ist sichtbar beeindruckt ist. Beide hören konzentriert zu, wenn Simon (12), Sophie (19), Jakob (9), Chiara (10) und Paul (11) für alle anderen als Sprecher erzählen, was bei ihren Befragungen untereinander zu Wünschen und Kritik an Stadtplanung herausgekommen ist. Der Leerstand in der Büchel- und der Quirinuspassage gefällt ihnen zum Beispiel nicht, das viele Grün hingegen schon. Obwohl: Ein paar Bäume mehr und eine Minigolf-Anlage in der Innenstadt könnte es schon geben.

Hölters Ermunterung an die jungen Architekten, bei der Planung zu bleiben und vielleicht sogar eines Tages bei ihm im Amt ein Praktikum zu machen, kommt gut an. Man sieht es in manchem Kopf schon rattern, denn die Kinder spüren, dass die Erwachsenen sie ernst nehmen — auch im Ablehnen von Ideen. So etwa bei dem Vorschlag, eine unterirdische Geschäftsmeile in Neuss zu bauen. Da wird haarklein dann erklärt, warum das nicht klappt.

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