Kommunaler Stärkungspakt - Bürgermeister Napp im Interview: „Verschiebung von Lasten“

Neuss. Im WZ-Interview spricht Bürgermeister Herbert Napp über die Pläne des Landes, reichere Städte am Stärkungspakt zu beteiligen.

WZ: Herr Napp, die Landesregierung plant, nach der Soforthilfe mit Landesmitteln für die extrem verschuldeten Kommunen in einem weiteren Schritt die „reichen“ Städte an Ausgleichszahlungen zu beteiligen, das heißt: ihnen zusätzliche Mittel vorzuenthalten. Eine Katastrophe? Der Innenminister kündigt an, keine Kommune werde durch den Stärkungspakt gegenüber dem Status quo verlieren . . .

Herbert Napp: Diese Aussage ist doch unwahr. Die Bundesregierung hat die stufenweise Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter beschlossen, um alle Kommunen zu entlasten, alle! Nun will das Land diese Drittmittel nicht weiterleiten: Die Landesregierung nimmt uns unseren Anspruch auf diese Mittel.

WZ: Ab 2014 greift nach diesem Modell eine „Solidaritätsumlage“. Die gut gestellten Kommunen müssten dann auf die zusätzliche Mittel durch die Erstattung der Grundsicherung im Alter durch den Bund verzichten (s. Kasten). Ist Solidarität für Städte wie Neuss ein Fremdwort?

Napp: Solidarität ist in der kommunalen Familie selbstverständlich kein Fremdwort. Das zeigt sich auch in den kommunalen Spitzenverbänden. Hier wird aber Solidarität vor dem Hintergrund von Versäumnissen der Landesregierungen eingefordert. Es geht schlicht um die Verschiebung von Lasten.

WZ: Und nicht um einen Ausgleich?

Napp: Um einen aus rein egoistischen Gründen des Landes! Wenn Kommunen illiquide würden, müsste das Land einspringen, das ist Gesetz.

WZ: Das ist doch wohl kaum vorstellbar.

Napp: Doch, wenn die überschuldeten Städte keinen Kredit mehr bekommen. Die künftigen Regelungen von Basel 3 setzen die Banken bei der Kreditvergabe stärker unter Druck. Ich sehe da durchaus Parallelen zur Euro-Krise. Da hat man sich vorher auch einiges nicht vorstellen können. Jetzt geht es bei einigen Kommunen darum, dass Schulden mit neuen Schulden bezahlt werden — von Städten, die gar kein Vermögen mehr haben.

WZ: Gibt es jetzt einen Solidarpakt der abundanten Kommunen?

Napp: Nein. Das wäre nicht richtig. Es darf keinen Pakt geben, der sich gegen andere Kommunen richtet.

WZ: Wenn der Stärkungspakt ab 2014 greift wie angekündigt — was bedeutet das für Neuss?

Napp: Wenn die Bundesmittel zur Grundsicherung im Alter nicht über den Kreis an uns fließen, bedeutet das den Verzicht auf 2 Millionen Euro jährlich. Hinzurechnen müsste man — dann fehlende — Zuweisungen des Kreises aus der Grunderwerbssteuer. Dann müssten wir wohl mit einer erhöhten Kreisumlage rechnen.

WZ: Was sollte aus Ihrer Sicht geschehen?

Napp: Wir brauchen eine Klage. Klageberechtigt sind nur kreisfreie Städte und Kreise als Empfänger der Bundesmittel. Natürlich würden wir den Kreis dabei unterstützen.

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