Mehr Transparenz bei den Abgeordneten — aber wie?

Bundestagsabgeordnete des Kreises stellen sich der Debatte.

Neuss. Ob als Wahlkampf-Vorgeschmack gewertet oder als notwendige Diskussion eines seit Jahren strittigen Themas: Die Veröffentlichung von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften der Bundestagsabgeordneten beherrscht im Zuge der Steinbrück-Debatte die Schlagzeilen. Auch die Abgeordneten aus dem Rhein-Kreis Neuss stellen sich diesem Thema.

Bundespolitisch gefragt ist der Neusser Hermann Gröhe in seiner Funktion als CDU-Generalsekretär. Er hatte der „Welt“ gegenüber betont: „Wer mit einem Anti-Banken-Wahlkampf ins wichtigste politische Amt gelangen will, sich zugleich aber von dieser Branche für Vorträge teuer bezahlen lässt, muss sich Fragen nach der eigenen Glaubwürdigkeit gefallen lassen.“

Steinbrück wiederum hatte bei Günther Jauch erklärt, er werde sich dafür einsetzen, die Regeln so zu verschärfen, „dass alle Abgeordneten bis auf den letzten Cent angeben müssen, von wem und wofür sie in welcher Höhe für eine Nebentätigkeit bezahlt worden sind“. Das kommentierte Gröhe gestern nicht. Der Neusser Abgeordnete selbst erhält neben seinen Diäten die Vergütung für seine Tätigkeit als Generalsekretär (Stufe 3).

Fast 20 Jahre ist Bernd Scheelen (SPD) im bundespolitischen Betrieb zu Hause. Er erinnert daran, wie schwer es war, auch nur die jetzt bestehenden Regeln zu verabschieden. „Die könnten deutlich verbessert werden“, sagt er. „Ehrlich wäre es, alles offenzulegen.“ Zwar müsste der Sonderfall der Selbstständigen beachtet werden.

Dennoch vertritt Scheelen hier die Steinbrück-Linie. Freiwillig Nebeneinkünfte offenzulegen wie sein Bonner Kollege Ulrich Kelber lehnt Scheelen ab. Er sei nicht der Typ, der vorpresche — und sehe einen solchen Schritt auch nicht als besonders solidarisch. Über ihn selbst („Ich bin ein Lobbyist der Kommunen“) verzeichnet die Bundestagsübersicht keine Nebeneinkünfte der Stufen 1 bis 3.

Ob sich aus der aktuellen Diskussion eine Gesetzesinitiative entwickeln könnte, ist für Scheelen fraglich, obwohl er einen solchen Vorstoß in seiner Fraktion für mehrheitsfähig hält. „Vergessen darf man aber nicht: Die jetzt am lautesten gegen Steinbrück schreien, waren doch jahrelang die Bremser.“

Otto Fricke (FDP), haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion, befürwortet eine Veränderung der geltenden Regeln. „Ich fände es sehr gut, wenn die Stufen präzisiert würden.“ Er verweist auch darauf, was für ihn noch zur Transparenz zählt: Der Bürger sollte wissen, ob ein Abgeordneter ein Rückkehrrecht in seinen Beruf hat — „sei es in der Wirtschaft oder in eine Behörde“. Vorträge des Haushaltsexperten tauchen in der Liste nicht auf, allerdings die Tätigkeit in einem international agierenden Beratungsunternehmen (Stufe 3).

Der 2009 in den Bundestag gewählte Ansgar Heveling (CDU) hat sich bisher mit dem Thema noch nicht intensiv beschäftigt. „Es betrifft mich nicht.“ Heveling ist allerdings der Meinung, dass der aktuelle Mindeststandard verbessert werden sollte. „Der Wähler muss beurteilen können, ob das Verhältnis stimmt.“ Eine generelle Offenlegung aller Nebeneinkünfte lehnt Heveling, nicht zuletzt mit Hinweis auf Selbstständige, ab.

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