Nachbarn wehren sich gegen Bauvorhaben: Berliner Mauer auf der Furth?

Anwohner lehnen die Pläne für einen Supermarkt an der Venloer/Further Straße ab und misstrauen dem Investor.

Neuss. Die Zustimmung für den Bau eines neuen Supermarktes an der Venloer/Further Straße, größtenteils auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Pusch, schien in der letzten Sitzung des Planungsausschusses nur eine Formsache zu sein. Die Verwaltung signalisierte in ihrer Vorlage grünes Licht, sprach von einem „städtebaulich sinnvollen Baulückenschluss“.

Doch plötzlich zauberte der Ausschussvorsitzende Karl-Heinz Baum ein Schreiben hervor, in dem Anwohner massive Bedenken gegen das Vorhaben äußerten. Und die anschließende Diskussion nahm eine gänzlich andere Richtung als erwartet.

Karl-Josef Keulerz gehört zu diesen Betroffenen, er soll wie vier weitere Unterzeichner des Protestschreibens seine Garage räumen und entsprechend das Grundstück an der Peter-Loer-Straße an den Investor veräußern. Das jedoch, so sagt der Rentner, sei allenfalls die Spitze des Eisbergs. Eines der Hauptärgernisse: Die Grenzbebauung zu dem Wohngebiet soll „ungefähr 5,50 Meter“ hoch sein. „In Berlin reißen sie die Mauer nieder, und uns wollen sie eine noch höhere direkt vor die Nase setzen“, spottet Keulerz.

Durch die geplante Versetzung des Wendehammers würden darüber hinaus nahezu alle der aktuell 20 Stellplätze weggefallen. „Dabei war die Fläche ursprünglich für weiteren Wohnraum plus einen Kinderspielplatz reserviert, und es sollten 20 zusätzliche Stellplätze entstehen“, kritisiert Keulerz.

Alles andere als sauber kommen ihm wie auch zuletzt den Politikern im Ausschuss die Geschäftspraktiken des Investors vor. Die Terrana Bauprojekt GmbH mit Sitz in Bonn hat ausschließlich für dieses Projekt die Alte Gärtnerei Neuss GmbH gegründet — eingetragen ins Handelsregister am 22. April. Der Antrag auf Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes ist aber bereits am 4. April erfolgt.

„Wir Anwohner wurden erst am 23. April darüber informiert. Das ist, juristisch gesehen, doch alles nichtig“, sagt Keulerz. Er ist überzeugt, dass die neu gegründete Firma dem Mutterunternehmen finanziell den Rücken freihalten soll: „Der Investor übernimmt alle Kosten für Planung, Gutachten oder Grunderwerb. Geht das Geschäft in die Hose, ist Terrana fein raus.“

Dass überhaupt ein Bedarf für einen Vollsortimenter in dieser Größenordnung besteht, bezweifelt nicht nur Karl-Josef Keulerz. Direkt gegenüber gibt es einen Netto-Markt, Edeka, Norma und ein großer türkischer Supermarkt sind auch nicht weit, Aldi, Lidl und Hit ebenso wenig.

Keulerz und die vier anderen Garagenbesitzer sind keineswegs die einzigen, die sich gegen die Planung des Supermarktes aussprechen. „Als Herr Baum zusagte, uns anzuhören, haben ich innerhalb von vier Stunden 40 Anwohner mobilisieren können — um 15.30 Uhr am Nachmittag.“ Die politische Entscheidung soll in der nächsten Planungsausschusssitzung Anfang Juli fallen.

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