Nächste Runde im Altpapier-Streit

In Neuss, Kaarst und Jüchen dürfen private Entsorger kein Altpapier sammeln.

Neuss. „Die Rechtslage ist sehr komplex“, sagte Yvonne Bach, Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Düsseldorf am Dienstag vor ihrem Urteil im Rechtsstreit des Rhein-Kreises Neuss mit zwei privaten Entsorgungsunternehmen um die Entsorgung von Altpapier. Dementsprechend brauchte das Gericht zwei Stunden für die Beratung, ehe das Urteil feststand: Der Rhein-Kreis darf zwei privaten Entsorgungsunternehmen, darunter die AWL aus Neuss, untersagen, in den Kommunen Neuss, Jüchen und Kaarst Altpapier zu sammeln und zu verwerten. In Meerbusch hingegen ist es dem privaten Entsorgungsunternehmen weiterhin erlaubt.

Der Rhein-Kreis hatte mit einer Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2010 die Stadt Neuss aufgefordert, das Altpapier der Neusser dem Kreis zu überlassen (die WZ berichtete). Sammelt eine kreisangehörige Kommune als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger das Altpapier ein, muss sie es zur Vermarktung an den Kreis abgeben.

Bislang ist die Abfall- und Wertstofflogistik (AWL) — zu 51 Prozent städtisch, den Rest halten die Stadtwerke — für das Altpapier zuständig. Obwohl Tochterunternehmen der Stadt, sammelt die AWL das Altpapier als gewerbliches Unternehmen und damit nicht im Auftrag der Stadt. So führt sie das Altpapier auch nicht an den Kreis ab, die Erlöse — zwischenzeitlich 180 Euro pro Tonne — bleiben bei der AWL.

Dass damit Schluss ist — falls das Urteil rechtskräftig wird — liegt daran, dass die Bürger nach dem Abfallwirtschaftsgesetz zwischen öffentlich-rechtlichem und privat-gewerblichem Entsorgungsunternehmen unterscheiden können muss. Er muss entscheiden können, ob er das Papier der Kommune gibt und so hilft, die Müllgebühren zu stabilisieren, oder ob er es dem gewerblichem Entsorger überlässt.

Diese Erkennbarkeit ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nicht gegeben, weil in Neuss erst die Stadt als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger auftrat und seit 2008 die AWL gewerblich sammelte, ohne dass der Bürger den Wechsel erkennen konnte. Dem Neusser sei nicht klar, ob er das Papier an die Stadt oder ein Privatunternehmen gibt. Eine Wahl zwischen den beiden Alternativen sei ebenso nicht möglich.

Mit der gleichen Begründung wurden zwei Klagen des zweiten privaten Entsorgers, Schönmackers Umweltdienste, abgewiesen. In Kaarst und Jüchen holte Schönmackers das Altpapier erst im Auftrag der Kommunen ab, trat später aber als gewerblicher Entsorger auf.

Die Gewinne aus dem Altpapierverkauf gingen an Schönmackers, wobei das Unternehmen die bestehende Infrastruktur wie Mülltonnen für das gewerbliche Sammeln übernahm und die Bürger nicht über den Wechsel informierte. Deshalb kann der Bürger auch hier den gewerblichen Entsorgungsträger als solchen nicht erkennen.

Anders verhält sich der Fall in Meerbusch. Hier sammelt die Stadt als öffentlich-rechtlicher und Schönmackers als privater Entsorgunger. Die Bürger können wählen, ob sie ihr Papier zu den städtischen Containern tragen oder in die Tonnen von Schönmackers werfen. Sie müssen aktiv werden, um eine Schönmackers-Tonne zu bekommen, das gewerbliche Sammeln wurde kommuniziert. .

Alle Parteien können die Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster beantragen. Der Kreis will erst die Rechtslage prüfen. Die AWL war am Dienstag zur keiner Stellungnahme bereit. Markus Figgen, Rechtsanwalt von Schönmackers, geht von der Berufung aus. Bis zum rechtskräftigen Urteil sammeln die privaten Entsorger weiter.

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