Neuss: „Die Welt ist für mich wieder heller geworden“

Caritas weist mit einem Aktionstag auf die geplante Kürzung öffentlich geförderter Beschäftigung hin.

Neuss. Christian Lewandowski war Möbelträger. Doch die schwere Arbeit belastete seinen Körper so sehr, dass er irgendwann nur noch eingeschränkt arbeiten konnte. 2004 verlor er seinen Job schließlich. Mit der Arbeit schwand auch die Lebensfreude, er fiel in ein tiefes Loch, wurde depressiv. „Jetzt ist die Welt für mich wieder heller geworden“, sagt der Mann überzeugt.

Seit Februar arbeitet er im Caritas-Kaufhaus an der Schulstraße. Hier bekommt er wieder das Gefühl, etwas zu können, das Gefühl, gebraucht zu werden. Hört Lewandowski allerdings von den neuesten Plänen aus Berlin, wird er skeptisch. Unter dem Titel „Instrumentenreform“ hat die Bundesregierung im April einen Entwurf vorgelegt, der öffentlich geförderte Beschäftigung (ögB), wie sie auch Lewandowski in Anspruch nimmt, stark vermindern soll. Unter dem Motto „Bin langzeitarbeitslos — will arbeiten“, hat die Caritas am Mittwoch zusammen mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ in einem bundesweiten Aktionstag auf diese Kürzungspläne aufmerksam gemacht.

„Das zieht den Leuten, die hier arbeiten, den Boden unter den Füßen weg“, prognostiziert Norbert Kallen, Caritas-Geschäftsführer im Rhein-Kreis Neuss. Reinhard Döring, Abteilungsleiter der sozialen Dienste der Caritas, sieht in den Plänen aus Berlin sogar den „sozialen Kahlschlag“ für alle Langzeitarbeitslose.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll planen, die Zuschüsse an die Argen für öffentlich geförderte Beschäftigung von derzeit 6 auf 3 Milliarden Euro zu reduzieren. Die Zukunft der Mitarbeiter des Caritas-Kaufhauses sieht somit schlecht aus. Generell könnte ögB nur noch unter erheblich eingeschränkten Bedingungen zugelassen werden.

Hintergrund: Die öffentlich geförderten Tätigkeiten für Langzeitarbeitslose sollen ab kommendem Jahr „wettbewerbsneutral“ sein. Das bedeutet, die Tätigkeiten dürfen Firmen und Einzelunternehmern aus der freien Wirtschaft keine Konkurrenz bieten. Diese Auflage soll vor Wettbewerbsverzerrungen schützen und die mögliche Verdrängung regulärer Arbeitsplätze verhindern.

Für die von der Caritas getragenen Radstationen am Neusser Hauptbahnhof und in Grevenbroich könnte das im schlimmsten Fall das Aus bedeuten. Denn theoretisch — das sieht auch Reinhard Döring ein — könnten auch Investoren aus der Privatwirtschaft daran verdienen. Doch verdienen ließe sich mit Radstationen nahezu nichts. Döring: „Bevor wir die Radstation in Neuss eröffnet haben, wurde öffentlich gefragt, ob jemand anderes Interesse hat. Damals wollte es keiner machen.“

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