Neusser Stadtfest "Zeitsprünge": Wenn Toga auf Petticoat trifft

Bei der vierten Auflage der „Zeitsprünge“ lockte der „Fetzer“ ebenso wie eine Fotoschau und napoleonische Soldaten.

Neuss. Der einzige Einbrecher in Neuss, bei dem Zuschauer applaudieren, wenn sie ihn in flagranti erwischen, war auch in diesem Jahr wieder Höhepunkt des Historischen Stadtfestes „Zeitsprünge“. Zahlreiche Augenpaare verfolgten am Samstag gespannt, wie am Markt der berühmteste Neusser Räuber „Der Fetzer“ sein Unwesen trieb.

Untermalt von Filmmusik seilten sich drei verkleidete Akrobaten der Skihalle vom Rathausdach ab und überwältigten zwei Wachsoldaten. Im Gegensatz zur historischen Begebenheit von 1796 flohen sie aber nicht mit dem Stadtsilber und einer unschätzbar wertvollen Figur des Heiligen Quirinus, sondern wurden gestellt.

Ein weiterer Augenschmaus bei der vierten Auflage der „Zeitsprünge“ war erstmals die historische Modenschau: kein Wunder, wenn Toga und Petticoat, hochgeschlossene Bremer Tracht oder ausgestellter „Pariser Hintern“ einen abwechslungsreichen Streifzug durch die Modegeschichte bieten.

Doch nicht nur am Laufsteg tummelten sich erstaunlich viele Neusser in der Fußgängerzone. Wie Jutta Caspers und ihre Familie wurde so mancher zufällig beim Einkaufsbummel von dem historischen Stadtfest überrascht. Die Neusserin zeigte sich begeistert von den Rathauskletterern und lobte die gelungene Kombination von Geschichte und Moderne.

Am Konvent konnten die kleinen und großen Passanten historische Hochräder und Tretroller aus den 1920er Jahren, aber auch elektrische Bobbycars und Segways sowie E-Bikes nicht nur anschauen, sondern ausprobieren.

Großformatige Fotowände in der Fußgängerzone sowie Ausstellungen erlaubten fast nebenbei einen Blick in die abwechslungsreiche Stadtgeschichte von Neuss.

Selbst eine Straßenbahn von 1928 diente mit 60 historischen Stadtfotos als „Museum“.

Schüler der Kreuzschule wie Tom Ende-Styra präsentierten stolz ihre selbstgebastelten Modelle der Mansio, einer römischen Herberge, deren Überreste auf dem früheren Busbahnhof-Gelände gefunden wurden. Eifrig verteilten sie Begleitheftchen zu ihrer Römer-AG.

Am Freithof hatten unter dem Motto „Perücken und Pulverdampf“ napoleonische Soldaten und weitere Kostümgruppen aus den unterschiedlichsten Epochen ihre Zelte aufgeschlagen. Doch statt den Kanonenschüssen lauschten Musikliebhaber lieber dem Harfen- und Xylophonspiel sowie dem Gesang von drei Sopranetten.

Waltraud Heuser und ihre Enkel Luca und Till, vor fünf Jahren nach Dänemark ausgewandert, waren jedenfalls von ihrem Heimatbesuch in Neuss hellauf begeistert. Eine Gedenkmünze zum 100sten Jubiläum des Clemens-Sels-Museums, die vor ihren Augen geprägt wurde, wird sie an ihren Tag auf dem historischen Stadtfest erinnern.

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