Neusserin hilft Frauen in Ghana: Kleine Schritte auf weiten Wegen

Die Neusserin Anke Faustmann unterstützt in Ghana Frauen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.

Neuss. Eigentlich soll es nur eine zeitlich begrenzte, freiwillige Hilfsarbeit werden. Im April 2011 fliegt Anke Faustmann für drei Monate in die ghanaische Hauptstadt Accra. „Ich wollte einfach etwas Gutes tun“, sagt die Neusserin. Über das Internet hat sie eine kleine Organisation gefunden, bei der sie als Freiwillige mitarbeiten kann.

Die Organisation unterrichtet in einem kleinen Schulzimmer ghanaische Frauen. Vor Ort bringt Anke Faustmann, weil sie wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht unterrichten kann, sechs Frauen das Schwimmen bei. Doch während ihres Aufenthalts zeichnet sich ab, dass sich die Organisation aus der Finanzierung zurückziehen wird.

Kurzentschlossen gründet sie den in Accra und Neuss ansässigen Verein „Liberated Women Empowerment Project“ (LIWEP) und sammelt seitdem Spenden für das Projekt.

Bei Liwep geht es nicht nur darum, die Alphabetisierung der Frauen zu fördern. „Wir haben ein ganzheitliches Konzept. Unsere Schülerinnen sollen ein emanzipatorisches Selbstbild bekommen“, sagt die 34-Jährige.

Während die ghanaischen Frauen innerhalb der Familie das Oberhaupt sind, spielen sie in der Gesellschaft keine Rolle. Die erstgeborenen Töchter auf dem Land bekommen keine Schulbildung, weil sie die kleineren Geschwister erziehen müssen. Ziehen diese Frauen in die Stadt, haben sie wenig Möglichkeiten, ihren Status zu verbessern.

Ihnen bleibt dann die Rolle als Hausfrau, oder sie verkaufen Obst und Stoffe auf dem Markt. Bei Liwep lernen sie von zwei Lehrerinnen neben dem Lesen und Schreiben auch die Amtssprache Englisch, denn in Ghana gibt es 40 Sprachen, und vielen Frauen ist das Englische fremd.

Die Frauen haben genaue Vorstellungen vom Leben, berichtet Faustmann. „Ich bin nicht nur zum Kinderkriegen da“, sagt ihr die eine, die andere will Lesen lernen, um bei den Behörden einen eigenen Stoffladen registrieren lassen zu können.

„Unser Motto ist ’Schritt für Schritt’. Kleine Schritte auf einem weiten Weg gehen“, sagt Faustmann. Dafür braucht die Neusserin — in Deutschland arbeitet sie als Erzieherin im betreuten Wohnen — Geld. Das Schulzimmer ist zu klein, die Bänke sind zu eng, und das neu angemietete Büro liegt nicht im Gebäude. Zudem sind die Mieten in der Großstadt extrem teuer. „Mein Wunsch ist, dass wir irgendwann eine Frauenbildungsstätte unter einem Dach haben“, sagt sie.

Im Gegensatz zu den großen Hilfsorganisationen gibt es keine Verwaltungskosten, alle Spenden kommen in Ghana an. Im April will Anke Faustmann wieder auf eigene Kosten nach Afrika fliegen und die Miete für das Liwep-Büro im Voraus zahlen. Dann wird auch das Problem der engen Bänke angegangen. „Die Frauen hören sich selbst um. Wir wollen in Ghana Hilfe zur Selbsthilfe machen und die heimische Wirtschaft stärken“, sagt Faustmann.

Alle Informationen zu Liwep unter 0177/5615340 oder www.liwepghana.org

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