Option: Stadt contra Kreis

Hartz IV: Der Kreis hat sich als Optionskommune beworben. Die Stadt ist strikt dagegen.

Neuss. Der Kreistag hat es im Sommer mehrheitlich entschieden, nun liegt die Bewerbung im Düsseldorfer Arbeitsministerium: Als „Optionskommune“ will sich der Kreis künftig in Eigenregie um die Vermittlung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen kümmern. Die Arge als Gemeinschaftsprojekt des Kreises und der Agentur für Arbeit Mönchengladbach, die seit Jahresanfang Jobcenter heißt, wäre dann passé.

Ungewöhnlich scharf kritisiert jetzt die Stadt Neuss das Vorgehen. Die Kommune hat per Gesetz kein Mitsprachebefugnis. Die Entscheidung des Kreistags aber hält Sozialdezernent Stefan Hahn aus fachlichen Gründen für falsch. Zudem hält er eine — nach dem Kreistagsbeschluss — eingesetzte Steuerungsgruppe zur Beteiligung der kreisangehörigen Städte für „eine reine Showveranstaltung: Es gibt nichts mehr zu entscheiden, es gibt keinen Gestaltungsspielraum. Neuss beteiligt sich an dieser Arbeitsgruppe nicht.“

Und mehr noch: In einem Brief an das Landesarbeitsministerium hat Hahn dargelegt, warum nach Meinung der Neusser Verwaltung das Optionsmodell für den Rhein-Kreis nicht geeignet sei. „In Neuss lebt die Hälfte der 30 000 betroffenen Langzeitarbeitslosen im Kreis. Ich denke, dass unsere fachlichen Argumente damit auch das entsprechende Gewicht haben werden.“

Hahn lehnt die Options-Option nicht generell ab, wohl aber für die Region des Rhein-Kreises . So erwartet er von der Arge/Jobcenter eine effektivere Vermittlung der Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt: „Wir leben hier in einem Ballungsraum. Wir brauchen eine regionale Arbeitsvermittlung.“ Bei einer sich ergebenden und auch gewollten Konkurrenz von Optionskommune und Jobcenter werde der Kreis seiner Meinung nach ins Hintertreffen geraten.

Und auch die Entwicklung bei der zweiten großen Aufgabe, dem sozialpolitischen Ansatz, sieht Hahn beim Optionsmodell mit Sorge: Der Kreis wäre dann dafür zuständig, Eingliederungsmaßnahmen und Qualifizierungen, Maßnahmen auf dem 2. Arbeitsmarkt zu fördern. Hahn vermutet: Das könne über das, was bisher geleistet und auch künftig in dieser Höhe finanziert wird, hinausgehen. „Und das zahlen dann wieder die Städte über eine erhöhte Kreisumlage, ohne jedes Mitspracherecht. Was wiederum bedeutet, dass wir in unserem Haushalt an anderer Stelle kürzen müssten.“ Derartige Entscheidungen sollten aber die Städte treffen. „Über die Maßnahmen, für die wir zu zahlen haben, wollen wir auch selbst beschließen.“ An seinen Prioritäten lässt er keinen Zweifel. Die legt er auf den Jugendbereich.

Nun setzt Hahn auf die „Ermessensentscheidung“ der Landesregierung. Acht Optionskommunen wird es geben, 15 Bewerbungen sind eingereicht. Der Beigeordnete für Jugend und Soziales ist sicher: „Die Bewerbung des Kreises wird scheitern.“ Bis gestern übrigens lag der Stadt trotz mehrmaliger Bitte die Bewerbung des Kreises nicht vor.

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