Polizei schießt Patienten ins Bein

Ein psychisch auffälliger Asylbewerber sorgte am Mittwoch für einen Polizeieinsatz im Lukaskrankenhaus.

Neuss. Es ist ein Bild wie in einem Krimi: Uniformierte Polizeibeamte bewachen auf einem Flur des städtischen Lukaskrankenhauses eine Tür, hinter der ein 33-jähriger Asylbewerber aus Marokko darauf wartet, in eine Spezialklinik für Infektionskrankheiten in Süddeutschland überstellt zu werden. Er erholt sich von einer Schussverletzung am Bein, die in der Nacht zuvor operiert werden musste.

Getroffen hatte ihn die Kugel aus einer Polizeipistole. Sie stoppte den Mann, als dieser am Abend zuvor — mit einer abgebrochenen Glasflasche bewaffnet — auf mehrere Beamte der Polizei losstürmte und auch durch zwei Warnschüsse nicht zu bremsen war.

Es ist 19.30 Uhr am Mittwoch, als die Polizei von Mitarbeitern des Lukaskrankenhauses alarmiert wird. Es ist der Hilferuf von einer Ärztin und zwei Krankenschwestern, die sich nicht anders gegen den aggressiven Mann zu helfen wissen.

Wiederholt haben sie versucht, den Asylbewerber, der wegen Tuberkuloseverdachts isoliert untergebracht ist, vom Flur ihrer Abteilung zu verweisen und wieder in sein Zimmer zu schicken. Doch der schmächtige Mann, der seit seiner Einlieferung ein aggressives Verhalten zeigt und psychisch auffällig ist, bedroht die Frauen, greift sie an. Die Mitarbeiterinnen reagieren richtig, attestiert ihnen Professor Tobias Heintges, der ärztliche Direktor der Klinik.

Die Polizei kommt. Erst mit zwei Beamten, am Ende dieser Aktion, die sich über eine Stunde hinzieht, sind es zehn. Auch sie können den Marokkaner nicht beruhigen. Der ist mal auf dem Flur, mal in seinem Zimmer, zieht sich völlig aus, brüllt französische Worte, deutet mehrfach an, sich aus dem Fenster seines Zimmers im vierten Stock stürzen zu wollen.

Dann zerschlägt er Glasflaschen und bedroht mit den Scherben die Beamten. Reizgas bringt ihn nicht zur Räson. Als er auf die Beamten losgeht, feuern diese erst zwei Warnschüsse ab und dann auf sein Bein. Der Mann geht zu Boden, kann nun gefesselt und zur Behandlung in den OP und danach unter Bewachung auf die Intensivstation gebracht werden.

Schon am Mittwoch will die Krankenhausleitung den 33-jährigen Mann in eine Spezialklinik verlegen. Eine, in der man ihn zur Einnahme von Medikamenten zwingen kann, wie Heintges berichtet. Und in der man mit Patienten umzugehen weiß, die möglicherweise psychisch und zugleich klinisch krank sind. Doch da ist noch kein Platz frei. Erst nach der Tat weist das Kreisgesundheitsamt die Überweisung an.

Weil der Verdacht besteht, dass der Asylbewerber an Tuberkulose erkrankt ist, hat Dr. Michael Dörr vom Kreisgesundheitsamt eine Untersuchung veranlasst. Kernfrage: Geht von dem Mann für die Mitarbeiter oder andere Patienten, die auf dem Flur Kontakt mit ihm hatten, eine Ansteckungsgefahr aus?

Das sei möglich, wenn der Kontakt über mehr als vier Stunden bestand. Für die Begleiter des Krankentransportes, die ihn auf Veranlassung von Ordnungsamt und Kreisgesundheitsamt in eine Spezialklinik in Parsberg bei Regensburg verlegen, sei das anzunehmen, doch da sei der Infektionsschutz Routine.

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