Pro Raucher-Kundgebung in Neuss: Raucher Friedhelm demonstriert mit

Fast 500 Menschen demonstrierten am Samstag gegen Bevormundung und das strikte Rauchverbot.

Neuss. Mit dem Glockenschlag von St. Quirin erreicht der Protestzug, der von Trommelschlägen und Trillerpfeifen begleitet am Hauptbahnhof loszog, um punkt 12.30 Uhr die Treppen am Freithof. Es sind laut Polizei schätzungsweise 500 Menschen, die ihrem Unmut gegen das strikte Rauchverbot in Kneipen und auf Brauchtumsfesten am sonnigen Samstagmittag Luft machen. „Rauchverbot ist Kneipentod“, steht auf einem der selbst gebastelten Plakate, „Hopp, Hopp, Hopp — Rauchverbot Stopp!“ auf einem anderen. Die Botschaft ist klar: Viele Wirte und Kneipengäste wollen das Rauchverbot nicht einfach so hinnehmen. Es gilt seit Anfang Mai und ist eines der strengsten in Deutschland: Raucherkneipen sind nicht mehr erlaubt.

Die Initiative der Neusser Innenstadtgastronomen (I.N.I.G.) hat daher unter dem Motto „Gegen Bevormundung und totale Rauchverbote“ zu einem „Smokers Walk“ aufgerufen. Mitinitiator Michael Bott, seit mehr als zehn Jahren Wirt im „Marienbildchen“ an der Neustraße, prangert die Bevormundungspolitik an. Natürlich sei es besser, möglichst gesund zu leben, aber es müsse eben auch legitim sein, seine Prioritäten nicht unter Vernunft-Aspekten abzuwägen. Das absolute Rauchverbot schlage sich teils in herben Umsatzrückgängen nieder, weil die rauchende Kundschaft wegbleibe. Die kleinen Wirte treffe es besonders hart. Zudem gehe die Kneipenkultur verloren. Bott ruft die Neusser Schützen auf, die Gastwirte zu unterstützen. Durch das Rauchverbot könnten die Einnahmen in den Zelten sinken, vermutet er. Schützenchef Thomas Nickel ist ebenfalls unter den Demonstranten. Auch Schützen vom Gildezug „De Drüje Jonge“ beteiligen sich an der Kundgebung.

Dehoga-Sprecher Michael Erb weist noch einmal auf die Einbußen vieler Wirte hin. Neuss wolle sich mit seinem Majestix, alias Bürgermeister Herbert Napp, aber wie ein kleines gallisches Dorf nicht unterkriegen lassen. Man müsse die Kräfte bündeln. Ziel sei es, einen Bürgerentscheid gegen die Gesetzesnovelle zu erreichen. „Demnächst gibt es Schilder, auf denen steht dann: ,Hunde und Raucher müssen draußen bleiben’“, unkt Erb, sagt aber auch, dass man versuchen müsse, eine gemeinsame Lösung „ohne Reglementierung und Bevormundung“ zu finden. Hauptredner Herbert Napp, nach seinem TV-Auftritt auf dem Maischberger-Sofa am Dienstag auch deutschlandweit bekannter und bekennender Vielraucher, wiederholt am Mikro, dass er nicht fürs Rauchen werbe, sondern dass es da rum gehe, gegen Bevormundung aufzustehen. Bald sei gar nichts mehr erlaubt, und er betont: „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.“

Statt des neuen Gesetzes hätten Raucher und Nichtraucher mit dem vorherigen Gesetz viel besser leben können.„Der Vesuv von Neuss“ geißelt das „Raucher-verfolgungsgesetz“. Es gebe ein regelrechtes Denunziantentum gegen Raucher. Dass seine Mitarbeiter von Nichtrauchern aufgefordert würden, Strafanzeige gegen ihn zu erstatten, gehe entschieden zu weit. In Köln könnten bereits auf vorgedruckten Formularen Rauchverbot-Sünder anonym bei der Stadt angeschwärzt werden.

Es sei ein Gesetz gegen das rheinische Brauchtum und Grundlage für eine ideologische Umerziehung. Zum Schützenfest könnten Raucher ja noch vor die Tür gehen, aber im Karneval sei es einfach zu kalt. Zwischendurch gibt es immer wieder Beifall. Wenn er nur nach Tabak rieche, sei er womöglich so etwas wie ein „Selbstmordattentäter in Zeitlupe“ witzelt Napp, wird aber gleich wieder ernst: „Wir brauchen eine Politik der gegenseitigen Rücksichtnahme, dass jeder nach seiner Façon glücklich werden kann.“

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