Rauchfreie Neusser Kneipen?

Die Wirte sind gegen ein Rauchverbot in ihren Betrieben, sie befürchten Umsatzeinbußen.

Neuss. Als das „Marienbildchen“ im Jahr 1873 eröffnet, denkt keiner daran, dass hier irgendwann mal nicht mehr geraucht werden darf. Raucher- und Debattierclubs entstehen in der Gaststätte an der Neustraße, bei Zigarre und Pfeife treffen sich die Neusser zum Bier. „Bei uns wurde immer geraucht“, sagt Inhaber Michael Bott.

Damit könnte es bald vorbei sein. Geht es nach den Plänen der Landesregierung, kommt ein absolutes Rauchverbot für Kneipen und Restaurants im Sommer nächsten Jahres. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde wie berichtet vom rot-grünen Kabinett am Dienstag beschlossen.

Den lehnt Bolt entschieden ab: „Das ist für uns ein Schlag ins Gesicht“, sagt der Gastwirt. Er könne verstehen, dass die Gastronomiebesucher ihr Essen rauchfrei genießen wollen. Seine Kneipe sei aber eine reine Getränkegaststätte.

„Wenn der Kunde diesen Wunsch hätte, gäbe es auch schon rauchfreie Kneipen.“ Bolt fühlt sich in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt und beklagt sich über „die Regulierungswut des Gesetzgebers“.

Sein Kollege Norbert Schommen, Inhaber der Kneipe „Am Bastianes“ in der Sebastinusstraße, findet den neuen Gesetzentwurf gar nicht schlecht: „Wenn ich keine Umsatzeinbußen habe, begrüße ich das.“

Zu ihm kommen zu 90 Prozent Raucher, „der viele Qualm stört mich manchmal auch“, sagt der Wirt, der selbst Raucher ist. Er befürchtet allerdings, dass starke Raucher seiner Kneipe nach dem Gesetz fernbleiben.

Dieser Ansicht ist auch Rainer Spenke, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Nordrhein. „Kommt das Gesetz, gehen in NRW 3000 bis 4000 Betriebe kaputt.“

Der Besitzer einer kleinen Kneipe lebe im Schnitt von 14 000 Euro im Jahr, laut Spenke sind schon geringe Umsatzeinbußen existenzgefährdend. Wie Bolt ist er der Meinung, dass der Markt das Problem selbst regeln kann: „In Kneipen sollte jeder mit den Füßen abstimmen können. Selbst ich als Nichtraucher fühle mich durch das Gesetz bevormundet.“

Andere Wirte in Neuss haben kein Problem mit den rot-grünen Plänen. Bei Wamid Yalda, selbst bekennender Raucher, muss schon immer vor der Tür geraucht werden. Der Inhaber des Marktcafés möchte, dass sich seine Gäste beim Essen wohlfühlen und nicht vom Zigarettenqualm gestört werden.

„Ich bin für das Gesetz, denn als Nichtraucherkneipe hätte ich dann keine Nachteile mehr gegenüber den anderen Betrieben.“ Nachteile, weil manche Gäste rauchen wollen und sich bei ihm beschweren.

Für die Überprüfung der Einhaltung des neues Gesetzes wäre das Ordnungsamt zuständig. Dort geben sich die Verantwortlichen gelassen: „Wir müssen erst mal die Regelungen abwarten, ob wir die Gaststätten überhaupt aktiv kontrollieren müssen“, sagt Ordnungsamtsleiter Uwe Neumann. Beim bisherigen Nichtraucherschutzgesetz informierte das Amt die Wirte und ging Beschwerden nach.

Einen speziellen Neusser Haken weist der Gesetzentwurf auch noch auf: Kommt es wie vorgesehen, ist ab Sommer das Rauchen in Festzelten untersagt, ausdrücklich auch auf Schützenfesten. „Mal sehen, wie wir dann da durchkommen. Es gibt ja auch noch Öffnungen an den Seitenwänden“, sagt Schützenmeister Martin Flecken. Der Nichtraucher ist im übrigen skeptisch, ob es für die konsequente Regelung im Landtag eine Mehrheit geben wird.

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