Ritz’ Herz schlägt für Elfira und den Roten Teufel

Der Jüchener Heinz Willi Ritz züchtet seit mehr als 50 Jahren Brieftauben. 250 Vögel leben in seinem Garten.

Jüchen. Gurren und Geflatter — was Großstädter aufschreckt und ihnen abfällig die Bezeichnung „Ratten der Luft“ entlockt, lässt Heinz Willi Ritz das Herz aufgehen. Als Kind wanderte bereits sein Blick stets gen Himmel, suchend nach vorbeiziehenden Vogelscharen.

Seitdem begleiten Tauben seinen Weg. Heute beherbergt der Rentner rund 250 der Tiere in seinem Garten. „Die Brieftaube hat mit der Stadttaube gar nichts zu tun“, stellt der 71-Jährige klar. Gehegt und gepflegt würden seine Vögel, „da hängt so viel Herzblut dran“.

Er geht an den Volieren vorbei, die im hinteren Teil des Gartens stehen. Die schlanken Tiere haben in der Tat wenig gemein mit den zerrupften Artgenossen, die die Städte mit allerlei Tricks fernzuhalten versuchen. „Elfira“ heißt eine, „Roter Teufel“ eine andere Taube. Nur die wenigsten haben jedoch Namen, identifiziert werden die meisten über mehrstellige Ziffern. „Ich kenne sie alle“, sagt Ritz. „Ich erkenne sie schon, wenn sie über mir in der Luft sind.“

Die besten Zuchttauben fliegen nicht frei. Sie sitzen paarweise in ihren Volieren. „Tauben sind treu. Wenn sich Männchen und Weibchen gefunden haben, bleiben sie zusammen“, erklärt Ritz. Drei bis viermal im Jahr erwartet er geflügelten Nachwuchs, zwei Küken pro Gelege. „Die meisten werden verkauft. Nur die besten, die behalte ich natürlich“, sagt er und lässt seinen Blick über die Nistkästen schweifen. „In jeder Taube steckt die Hoffnung, dass sie guten Nachwuchs bringt.“

Wenn sie drei Monate alt sind, beginnt Ritz mit seinen Jungtieren zu trainieren. 20, 80, 130 Kilometer lang sind die Trainingsflüge. Bei den Preisflügen gilt es, etwa die fünffache Strecke zurückzulegen. „Eine Brieftaube erreicht mit Rückenwind Spitzengeschwindigkeiten von 130 Stundenkilometern“, sagt Ritz stolz.

Geldpreise winken dem Sieger nicht. „Das war früher mal so. Heute geht’s um die Ehre und einen Pokal.“ In Asien sei das anders, da gebe es eine große Leidenschaft für Brieftauben. „Da ist noch richtig viel Geld im Spiel.“ Der Jüchener verkauft nicht nur regelmäßig Tiere dorthin, sondern war bereits 30 Mal als Berater für gut betuchte Taubenliebhaber vor Ort.

Früher zahlten Liebhaber laut Ritz horrende Preise für einen richtig guten Vogel, einen, bei dem Abstammung und sportliche Erfolge stimmen. „Vor 20 Jahren waren Preise von 100 000 Mark noch üblich. Heute bekommt man für eine Taube, die dreimal hintereinander einen Sieg erflogen hat, keine 3000 Euro mehr“, weiß der Fachmann, und auch, dass die Taubenzucht Nachwuchssorgen hat. „Um 1990 gab es noch 80 000 Züchter in Deutschland. Heute sind es vielleicht 35 000, und die sind alle so alt wie ich“, sagt er und lacht.

„Von April bis September sind jedes Wochenende Flüge, und auch die tägliche Arbeit dauert einige Stunden — welche Frau macht das schon mit“, fragt er lächelnd, wohl wissend, dass er Glück hat: Seine Frau akzeptiert nicht nur das intensive Hobby, sondern versorgt auch mal die Tiere, wenn Ritz unterwegs ist.

Jetzt, wo er im Ruhestand ist, lässt der 71-Jährige seiner Leidenschaft freien Lauf. „Früher war ich selbstständig, da war wenig Zeit. Damals hatte ich nur halb so viele Tiere. Heute hab’ ich Zeit, da bin ich den ganzen Tag zwischen den Tauben — aber ein Hobby ist keine Arbeit, das macht man gern.“ Bald wird es jedoch wieder besonders mühsam sein, die Volieren zu säubern: „Die Mauser beginnt, da ist immer viel zu tun“, erklärt Ritz.

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