Schavan findet Dialog der Religionen wichtig

Neuss. Die Erinnerungen an die Fronleichnamsprozession in Neuss und die Apfeltaschen bei der Corneliuswallfahrt im Ortsteil Selikum sind Bilder, die fest im Gedächtnis von Annette Schavan verankert sind.

Mit der Rolle der Religion in der städtischen Gesellschaft beschäftigte sich die Bürgergesellschaft Neuss am Montagabend. Vorsitzender Johann-Andreas Werhahn konnte mit Schavan eine kompetente Referentin in ihre Heimatstadt Neuss holen. Seit einem Jahr ist Schavan Botschafterin am Heiligen Stuhl in Rom. In dieser Funktion sprach sie zum ersten Mal öffentlich in Neuss.

Auch wenn die Zahlen der Prozessionsteilnehmer im Laufe der vergangenen Jahrzehnte zurückgegangen sind, sind solche religiösen Rituale nach wie vor Teil des Lebens in der Stadt. Dazu gehören für Schavan aber auch die friedlichen Bilder, die zur deutschen Wiedervereinigung führten: „Diese Revolution gehört zu den großen zivilisatorischen Leistungen in Europa“, zeigte sie sich überzeugt.

In der Diskussion über die Gesellschaft spielt die Religion im 20. Jahrhundert eine geringere Rolle. Der Glaube ist aus den Stadtgesellschaften immer weiter ins Private gedrängt worden. Diese Auffassung von Fortschritt ist für Schavan eine vorschnelle Schlussfolgerung. Zwar sei der Einfluss der Kirche geringer geworden, was die Zahlen über Kirchenaustritte belegten. Interessanter ist für Schavan die Frage, was die Menschen in der Stadt prägt. Sie kommt zu dem Schluss: „Wir leben in religiös plural gewordenen Stadtgesellschaften.“

Religion ist öffentlich präsent. Überzeugungen, die die Menschen leben, beruhen auf religiösen Quellen und Werten, sagt Schavan. Daher kann für sie die Politik nicht gleichgültig gegenüber den religiösen Überzeugungen der Bürger bleiben, gerade in einer religiös pluralen Gesellschaft.

Im friedlichen Miteinander der Religionen in den Städten sieht Schavan einen Schlüssel zur Integration. Daher ist der Dialog zwischen den Religionen in ihren Augen so wichtig. Von großer Bedeutung ist auch der Religionsunterricht in den Schulen, in möglichst allen Konfessionen. „Religiöse Bildung führt zu einer Haltung des Respekts gegenüber jenen, die anders glauben“, erklärte Schavan. In ihrem Vortrag rief sie die Kommunalpolitik dazu auf, die religiösen Überzeugungen im Blick zu behalten, denn sie seien eine Kraft, die die Gesellschaft in der Stadt zusammen halte.

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